So ist Oper. Manchmal ist es eine traurige Geschichte, ohne glückliches Ende. Große, tiefe Gefühle auf der einen Seite, Liebe fast bis zur Selbstaufgabe und Verletzung. (Tatjana) – Überheblichkeit, ständig gelangweilt vom Leben, ohne Empathie, ohne Gefühle für ein „dummes Kind“ und schließlich der tiefe Fall ins Gefühlschaos, auch durch den Verlust des Freundes (Onegin) – Der einzige Gewinner ist der Fürst, dessen ergreifende Liebesarie alle Gefühle zu Tatjana offenbart, dessen Onegin nie fähig war und mit dem sie zum Schluss Hand in Hand, dem Fürsten zugewandt, Onegin endgültig verlässt. (Rezension der Vorstellung v. 5.6.2019)
Handlung in 7 Bildern
Im Gutshaus der Larinas, mit den beiden Töchtern Tatjana und Olga wird zum Fest der Ernteeinbringung der Nachbar, Gutsbesitzer Lenski und sein Freund Eugen Onegin erwartet.
Dieser liebt seit Kindertagen Olga und schreibt Gedichte für sie. Sein bester Freund Onegin, ein weitgereister Lebemann aus Petersburg begleitet ihn und Tatjana verliebt sich – noch heimlich – auf den 1. Blick in ihn. Die Ernte ist eingefahren und ein wundervoller Chor (Chor der Staatsoper Hamburg) besingt voller Freude und Stolz die getane Arbeit. Buntes Treiben und Tänze auf der Bühne geben die Lebensfreude weiter und man kann die ausgelassene Stimmung spüren!
Tatjana ist verwirrt, sie erkennt ihre Liebe zu Onegin, kann nicht schlafen und schreibt ihm daher einen Liebesbrief, der all ihre Gefühle für ihn offenbart. Sie liefert sich damit an Onegin aus und voller Angst erwartet sie seine Reaktion darauf.
Alle Gefühle einer ersten und (noch?) unerfüllten Liebe besingt Tatjana (Ruzan Mantashyan) mit ihrer intensiven und klaren Stimme, eine wundervolle Sopranistin! Gestik und Mimik drücken ihre Hoffnung, Verzweiflung und Liebe aus, die sie Onegin entgegenbringt. Während sie sich schlaflos im Bett wälzt und schließlich den verhängnisvollen Brief verfasst, den sie sofort durch den Enkel der Amme zustellen läßt.
Onegin hat seinen Besuch im Kirschgarten angekündigt und Tatjana bereut ihren offenen Brief bereits. Es wird kein zärtliches Tête-à-Tête sondern eine Schmach für sie! Onegin ist sehr reserviert, fast bereitet es ihm Genugtuung, Tatjana zurückzuweisen und zu demütigen. Er erklärt kalt, er sei für eine Ehe nicht geschaffen und verläßt sie.
Onegin (Bo Skovhus) schreitet entschlossen und festen Schrittes zu Tatjana. Mit deutlicher Stimme in der fast schon Demütigung zu hören ist belehrt er sie und sieht ihre Verzweiflung mit Genugtuung und er singt seine befriedigte Eitelkeit in tiefem Bariton heraus.
Zum Namenstagfest Tatjanas kommen alle Nachbarn und Freunde zusammen um zu feiern. Auch Onegin erscheint mit Lenski und langweilt sich unendlich in dieser Provinz.
Aus einer Laune heraus beschließt er, Lenski die Braut Olga auszuspannen um sich doch noch über die Eifersucht seines Freundes zu amüsieren. Doch dieser reagiert verletzter als erwartet und die Situation eskaliert: Lenski fordert Onegin zum Duell! Lenski (Oleksiy Palchykov) und Olga (Nadezhda Karyazina) sind als Paar zusammen wunderbar, der Tenor und ihr Mezzosopran verbinden sich mit allen Stimmungen der Liebe und Eifersucht, Genecke und Verletzungen der Enttäuschung über die vermutete Untreue Olgas. Ihr Schauspiel zusammen läßt mitleiden und auch noch hoffen, daß alles gut wird für die Beiden.
Am nächsten Tag im frühen Nebel erwartet Lenski den ehemaligen Freund und als dieser endlich erscheint, reicht er Lenski die Hand, dieser ist tief verletzt und lehnt eine Versöhnung vehement ab. Somit bleibt Onegin nur die Waffe und Lenski ist zu langsam, er stirbt in den Armen seines Freundes…
Lenski´s (Oleksiy Palchykov) klarer Tenor trägt über das (Bühnen-) Feld im Nebel, seine insgeheime Vermutung, den Tag nicht zu erleben, Olgas Untreue und auch der Verrat seines ehemals besten Freundes lassen ihn resignieren und sich seinem Schicksal ergeben. Eine großartige Stimme verstummt hier viel zu früh…
Jahre später gibt Fürst Gremlin in Petersburg ein großes Fest. Onegin, gerade wieder nach langen Reisen in seine Heimatstadt zurückgekehrt, erscheint auf dem Fest und erblickt Tatjana als die Ehefrau des Fürsten! Endlich erkennt er seinen Verlust an ihr, sieht ihre Schönheit, Anmut und ihre Liebe, die sie ihm in stiller Stunde noch einmal offenbart. Liang Li – Fürst Gremin – was für eine wunderbare Liebesarie für seine Tatjana! Sein voll tönender, warmer Bassgesang hat das Publikum bezaubert!
Besonders hier gab es Szenenapplaus und laute „Bravo“ Rufe! Es war ein absolutes Vergnügen, ihm zuhören zu dürfen. So eine Liebeserklärung an die Ehefrau, man war gebannt und bewegt!
Onegin verfolgt Tatjana mit Liebesbezeugungen und versucht sie umzustimmen – aber Tatjana hält nun treu zu ihrem Gatten, dem sie Treue schwor. Doch Onegin muss erkennen, dass er alles im Leben verlor, was ihm nun wichtig erscheint: Tatjanas tiefe Liebe aus frühen Tagen und auch den besten Freund, Lenski, den er selbst auf dem Gewissen hat.
Er kann die Zeit nicht zurückholen und umkehren. Am Schluss sitzt er einsam und verzweifelt allein, während Tatjana Hand in Hand, dem Gatten zugewandt, mit ihm das Fest verlässt.
Ein bewegendes Zusammenkommen der umfassenden Gefühle. Tatjana mit ihrer klaren Sopranstimme, sich klar entscheidet für den liebenden Gatten – Onegin mit einem fast versagenden Bariton in dem all seine Verzweiflung sich wiederfand, er hat alles verloren und wird einsam zurückgelassen.
Fazit:
Herausragend zu erwähnen ist natürlich die wunderbare Ruzan Mantashyan als Tatjana, facettenreich trug ihr Sopran ins Publikum und bezauberte zusammen mit einem großen Liang Li – Fürst Gremin, sein volltönender warmer Bass war ein absolutes Erlebnis…Beide waren unumstritten die Stars des Abends!
Ebenso wundervoll Bo Skovhus als Eugen Onegin und Oleksiy Palchykov als Wladimir Lenski. Großartige Stimmen, denen Zwischenapplaus und Bravorufe Ehre machten!
Katja Pieweck – Larina
Nadezhda Karyazina – Olga
Marta Swiderska – Filipjewna
Shin Yeo – ein Hauptmann
Ang Du – Saretzki
Es war ein Genuß, ihnen zuhören zu dürfen!
Nathan Brock dirigierte das bestens aufgelegte Philharmonische Staatsorchester Hamburg.
Ein wirklich großer Opernabend der Staatsoper Hamburg!
Musikalische Leitung
Nathan Brock
Inszenierung nach
Adolf Dresen
Bühnenbild nach
Karl-Ernst Herrmann
Kostüme
Margit Bardy
Choreografie
Rolf Warter
Chor
Christian Günther
Spielleitung
Petra Müller
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Staatsoper Hamburg
* Rezension von Marion Nevoigt /Red. DAS OPERNMAGAZIN
Der wurde auch bereits zu Beginn dieser Besprechung als „wunderbarer Chor“ zurecht erwähnt. Habe aber nach Ihrem Einwand diese Textstelle noch ein wenig herausgestellt. Danke und HG nach Hamburg
… und ein klanglich homogener Chor von 65 Sängerinnen und Sänger, voller Spielfreude waren auch dabei! Danke!
Der wurde auch bereits zu Beginn dieser Besprechung als „wunderbarer Chor“ zurecht erwähnt. Habe aber nach Ihrem Einwand diese Textstelle noch ein wenig herausgestellt. Danke und HG nach Hamburg