Opernhaus Zürich: Premiere von “Platée” (Ballet bouffon von Jean-Philippe Rameau)

Opernhaus Zürich/PLATÉE/Foto: Toni Suter

PLATÉE 

Ballet bouffon in einem Prolog und drei Akten von Jean-Philippe Rameau 

Premiere 10. Dezember 2023 

Eines der wohl ungewöhnlichsten Werke aus der Barockzeit präsentierte das Opernhaus Zürich mit der Premiere von “Platée”. Zum erstem mal konnte man an diesem Haus dieses “Ballet bouffon” erleben. 

 

Im Alter von 60 Jahren hatte Rameau das Werk 1745 anlässlich der Hochzeit des französischen Thronfolgers mit seiner spanischen Cousine uraufgeführt. Die Braut war alles andere als eine Schönheit. Daher ist es erstaunlich, dass das Werk zu diesem Anlass gezeigt wurde und nicht der Zensur anheim fiel. Es ist die Geschichte der hässlichen Wassernymphe Platée, welche sich dem Wahn hingibt, dass alle Männer sich in sie verlieben würden. So wird sie ein Opfer von Spott und Hohn. Sie wird benutzt, um die eifersüchtige Junon, die Gattin des obersten Gottes Jupiter, zu beruhigen, denn Junon traut ihrem Gatten nicht. Erst als eine fingierte Hochzeit der Nymphe Platée angekündigt wird, ist sie beruhigt, denn es kann ja wohl nicht sein, dass ein Gott sich mit einer so niedrigen Person vermählen würde.

Für die Inszenierung war Jetske Mijnssen zuständig. Sie ist in Zürich bereits bekannt wegen Ihrer ein paar Jahre zurückliegenden Inszenierung von Rameau‘s Oper „Hippolyte et Aricie“. Als Handlungsort für Ihre Inszenierung von „Platée“ wählte Sie ein Theater und die Titelrolle „Platée“ spielt hier ein Mann. Er wirkt als Souffleur unter der Bühne und verliebt sich in den Ballettmeister Citéron. Doch bald muss er erkennen, dass seine Liebe nicht erwidert wird. Man gibt ihm zu erkennen, dass Jupiter, der erste Solotänzer der Companie, sich für ihn interessiert. In seiner Selbstüberschätzung sieht Platée nicht, dass man ihn für die Zwecke Jupiter’s und dessen Entourage benutzt. Er ist entzückt, dass Jupiter sich ihm zeigt und er meint, nun das grosse Glück gefunden zu haben. Doch diese Illusion ist nur von kurzer Dauer. An einer fingierten Hochzeit wird er aufs übelste der Lächerlichkeit preisgegeben und muss erkennen, das er Opfer einer hinterlistigen Intrige geworden ist. In seiner Wut droht er Vergeltung an. Die Deutung der Regieidee, Jupiter am Schluss nochmals für einen Moment zu zeigen, wie er schweigend dem bloßgestellten Platée bei dessen Abgang nachschaut und vielleicht über die Gemeinheit der Intrige nachdenkt, überlässt die Regie dem Publikum.

Es ist Jetske Mijnssen und dem Bühnenbildner Ben Bauer überzeugend gelungen, diese tragisch/komische Geschichte mit vielen bunten Bildern und raffinierten Ideen auf die Bühne zu bringen. Die steten Wechsel des Bühnenbildes, die vielen Details der Kostüme von Hannah Clark, die Lichtgestaltung von Bernd Purkrabek und die in diesem Werk so wichtigen Tänze, von Kinsun Chan choreografiert, bieten einen Genuss für das Auge.

Ganz großartig ist die musikalische Seite dieses Abends. Es ist gelungen, ein Ensemble zusammenzustellen, welches ausgezeichnet harmoniert. Eine solche Aufführung fordert von allen Beteiligten einen außergewöhnlichen Einsatz und man staunt, wie einzelne Sänger/innen sich auch in den Ballettszenen bestens bewährten.

Opernhaus Zürich/PLATÉE/Foto: Toni Suter

Mit Mathias Vidal als Platée hat man einen Glücksgriff getan. Er hat diese Rolle schon früher gesungen und ist neben der Sängerin des Amour, der einzige, welcher kein Rollendebüt an diesem Abend bot. Unglaublich, wie er diese höchst anspruchsvolle und grosse Partie meistert. Mit Gesang und Spiel überzeugte er in jedem Moment. Wenn er versucht, sich im Ballettensemble zu integrieren und kläglich scheitert, ist er umwerfend. Eine Meisterleistung! In der Rolle des Jupiter glänzt  Bass-Bariton Evan Hughes sowohl gesanglich, als auch tänzerisch. Man könnte meinen, einen Balletttänzer vor sich zu sehen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Platée dieser Erscheinung verfällt.

Alasdair Kent als Thespis, Renato Dolcini als Satyre/Cithéron, Nathan Haller als Mercure und Theo Hoffman als Momus bilden ein weiteres Highlight dieser Aufführung. Jede dieser Rollen ist aufs feinste herausgearbeitet. Die Rolle der La Folie, welche hier als exaltierte Ballettmeisterin das Ensemble herumkommandiert, verlangt von der Sängerin Virtuosität. Diese hat Mary Bevan eindrücklich bewiesen. Als eifersüchtige Junon erlebt man die stimmgewaltige Katia Ledoux. Herrlich auch Anna El-Khashem in den Rollen der Clarine und Thalie. Sie beeindruckte nicht nur wegen ihrer strahlenden Stimme, sondern auch als Balletteuse. Die Partie des Amour sang Tania Lorenzo.

Opernhaus Zürich/PLATÉE/Foto: Toni Suter

Was wäre eine solche Aufführung ohne ein hervorragendes Orchester. Das Orchestra La Scintilla braucht keinem Kenner der Barockmusik mehr vorgestellt zu werden, genießt es doch auch international große Beachtung. Mit der Dirigentin Emmanuelle Haïm, hat man eine Barockexpertin ersten Ranges am Pult und so wurde die wunderbare Musik von Rameau zu einem Erlebnis auf allerhöchstem Niveau. Der Chor des Opernhauses, wie immer bestens einstudiert von Janko Kastelic, zeigte ebenfalls die Freude, an dieser Inszenierung mitwirken zu dürfen.

Mit den acht Tänzern Dustin Eliot, Steven Forster, Sina Friedli, Federica Porleri, Valerio Porleri, Juliette Rahon, Valentina Rodenghi und Roberto Tallarigo, sowie Soyoung Lee und Rosa Maria Hernandez als Erste Mänade und Selena Colombera und Katarzyna Rzymska als Zweite Mänade, wurde diese Inszenierung zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk.

Das Publikum ließ sich von dieser Inszenierung begeistern und spendete allen Beteiligten großen Applaus. Weitere Vorstellungen: 21./26./30. Dezember 2023 und 10./12./14./16. Januar 2024.

 

 

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