
Mit einem berauschenden Ballettabend eröffnete das Ballett Zürich seine neue Saison. Es ist gelungen zwei der international gefragtesten Namen der Ballettszene für die Choreografien dieses Abends zu gewinnen. Bereits im Januar 2018 wurde das Ballett „EMERGENCE“ von Crystal Pite als Schweizerische Erstaufführung am Opernhaus gezeigt und erlebte nun eine fulminante Wiederaufnahme. (Rezension der Vorstellung v.31.10.2021)
Die Choreographin ließ sich von der Dynamik einer Ballettcompagnie inspirieren. Zuerst glaubte man, Parallelen zu einem Bienenvolk zu erkennen. Doch dort regiert nicht eine Königin, sondern es werden Strukturen eines Gruppensystems erkennbar. Diese Idee wurde durch das Ballett hervorragenden herausgearbeitet.

Anfänglich glaubt man, ein Insekt beim sich Befreien aus dem Kokon zu beobachten. In einer unglaublich dynamischen, originellen Choreographie bilden sich Gruppen gleich einem Bienenschwarm. Die Leistung der Companie ist äußerst beeindruckend. Eine Spitzenleistung an Perfektion, Körperbeherrschung und Ausdruckskraft. Entsprechend begeistert zeigte sich das Publikum am Ende dieser Aufführung. Die Musik von Owen Belton, das Bühnenbild von Jay Gower Taylor und die Kostüme von Linda Chow in Kombination mit der Lichtgestaltung von Alan Brodie machen dieses Werk zu einem fantastischen Ganzen.
Auch Marco Goecke gehört zur Riege der gefragtesten Choreografen unserer Zeit. Mit „ALMOST BLUE“ kam sein für das Stuttgarter Ballett kreiertes Werk zur Schweizerischen Erstaufführung.

Zur eindringlichen Musik von Antony and the Johnsons, welcher mit seiner Stimme zusammen mit den fahrigen Bewegungen der Tänzer/innen eine fast schwermütig erscheinende Stimmung schafft und fasziniert. Es gelingt Goecke einmal mehr, mit seinem hochmusikalischen Gespür und seinem ganz eigenem Stil, das Publikum zu fesseln. Mit dem Medley von Songs der Diva Etta James, bekommt diese Choreographie eine neue Dimension. Auch hier sind die Leistungen von Giulia Tonelli, Katja Wünsche, Luca Afflitto, Jan Casier, Mark Geilings, Matthew Knight und William Moore und der beiden Mitglieder des Junior Ballett, Isabelle Bratt und Daniela Thorne auf höchstem Niveau.
Das Bühnenbild und die Kostüme von Thomas Mika, die Lichtgestaltung von Udo Haberland, sowie die Musikcollage von Herbert Schnarr, bilden den Rahmen für diese beeindruckende Leistung.
Den Abschluss dieses dreiteiligen Abends machte als Koproduktion mit dem National Ballet of Canada und dem Ballett Zürich eine weitere Choreographie von Crystal Pite. Ihr Ballett „ ANGELS‘ ATLAS“ konnte man das erste Mal in Europa erleben. Hier vermischen sich Schönheit und Traurigkeit auf nahezu traumhafte Weise. Die Idee der Vermessung der Welt und des Menschseins, die Vergänglichkeit des Lichts und des Körpers, wird durch eine faszinierend Lichtprojektion von Jay Gower Taylon und Tom Visser und der Musik von Pjort I. Tschaikowski, Owen Belton und Morten Lauridsen begleitet. Die Choreografin schafft es einmal mehr, mit Ihren Ideen zu faszinieren. Man wird in dieses magische Stück förmlich hineingezogen. Die Tänzer/innen zeigen eine begeisternde Ensembleleistung.
Das Publikum zeigte sich über diesen grandiosen Abend des Ballett Zürich berauscht und geizte nicht mit Bravorufen und tosendem Applaus.
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Ballett Zürich am Opernhaus Zürich
- Titelfoto: Ballett Zürich/ANGELS ATLAS/Foto @ Carlos Quezada