Aalto-Theater Essen: Servus, Stefan ! Stefan Soltesz geht

Portrait Stefan Soltesz: © Matthias Jung
Portrait Stefan Soltesz: © Matthias Jung

„Ich habe kontinuierliche Arbeit geleistet“

Nach 16 Jahren verläßt der große Intendant und GMD das Aalto Theater

Ein großer Künstler geht. Er hat aus einem besseren Stadttheater ein vielfach ausgezeichnetes Weltklasseopernhaus gemacht. Arvo Aalto hätte sich keinen besseren Intendanten als Stefan Soltesz für seinen Essener Kulturtempel wünschen können. In diesem Juwel von modernem Theater (optisch wie akustisch), einem architektonischen Meisterwerk (sicherlich eines der schönsten in Europa, wenn nicht weltweit) stand 16 Jahre lang ein Ausnahmekünstler am Pult und bestimmte auch hinter den Kulissen, wo es lang ging. Wenn man überhaupt je zu Recht von einer Ära spricht, dann hat der vielfach malträtierte Begriff hier seine Berechtigung. Die Ära Soltesz geht nun zu Ende.

Mit bis zu 60 Dirigaten pro Jahr beglückte der fleißige Maestro sein Publikum, weches ihn stets mehr liebte und ihm Anerkennung zollte als die Essener Provinzkulturpolitik, deren Vertreter man selten bis gar nicht im Opernhaus sah; man kennt das allerdings auch aus anderen Häusern.

Aalto-Theater/Opernhaus/Foto@Bernadette Grimmenstein
Aalto-Theater/Opernhaus/Foto@Bernadette Grimmenstein

Nicht nur, als er sich 2010 öffentlich gegen die Kürzung seines Etats (der für ein Haus dieser höchsten Güte ohnehin im aller untersten Bereich liegt) aussprach, sondern generell im Umgang mit der Lokalpolitik nahm Stefan Soltesz kein Blatt vor den Mund. Der Patriarch verteidigte sein Revier stets wie ein Löwe und hielt auch mit kritischer Reflexion nicht hinter dem Berg. Kein Wunder, dass ihn die Essener Dorfpolitiker wegen fehlender Willfährigkeit und solch offener Worte hassten. Und wäre er nicht bei Publikum, Presse und bei den Sponsoren (die in Essen schon immer eine sehr großzügige Rolle gespielt haben) so beliebt und anerkannt, hätte man seinen Vertrag schon längst nicht mehr verlängert.

Ich denke, dass auch der 64-Jährige ggf. auch noch geblieben wäre, wenn man ihm von Herzen gesagt hätte „Stefan, bleib noch ein paar Jahre, Du hast ganz Großes geleistet – wir brauchen Dich! Karajan z.B. war doch viel länger an seinem Heimathaus“ Doch solche Worte blieben ungesagt – im Stillen (so scheint es) ist man froh, daß dieser unbequeme Kerl geht. Politiker wollen eben Ruhe und Mittelmaß. (was auch die Kölner Grünen im Streit mit dem Ex-Intendanten Laufenberg klar von sich gegeben haben). Ihnen wäre sicherlich der tagtägliche „Zigeunerbaron“ („ja das Schreiben und das Lesen…“) im Opernhaus genug Bauern-Kultur.

Ich kenne keinen anderen Weltklassedirigenten, der soviel an seinem eigenen Haus dirigiert hat. Stefan Soltesz lebte im und für sein Aalto-Theater mit einem Engagement, welches seinesgleichen sucht. Der Opernfreund spendiert eine Flasche Dom Perignon demjenigen, der uns einen GMD benennt, der öfter an seiner Heimat-Oper dirigiert hat! So kam es durchaus gelegentlich vor, daß der Hausherr an einem Wochenende neben seinen weltweiten Gastdirigaten durch sein Opernhaus wandelte und dann unerwartet dem Abenddirigenten frei gab, weil er Lust hatte just jetzt selber das Orchester zu leiten. Überraschung, Überraschung dann beim Musiker-Kollektiv, daß nicht der 2. Kapellmeister, sondern plötzlich der Chef auftauchte. So macht man sich unbeliebt – natürlich nicht beim Publikum! Da erscheint es vielleicht auch erklärbar, daß sich das Orchester dann Anfragen wg. Bild und Tonaufnahmen, entsagte. Seltsam…

Beliebt war er daher beim Orchester (wer auch immer das repräsentiert) nicht unbedingt; anonym an die Presse geleitete Informationen sprechen auch schon einmal von Tränen und wüsten Worten bei und nach einigen Proben. Doch was letztlich zählt, ist immer das, was hinterher herauskommt (Output heißt das heute) und das war vielfach Weltklasse.

2012 wurde Soltesz Ehrendirigent des Staatsorchesters Braunschweig, dem er sich seit seiner Dirigentenjahre dort (1988-93) mit kontinuierlichen Gastvorstellungen stets verbunden fühlte und für das er viel getan hatte. Es ist wohl davon auszugehen – so meine letzten Informationen, Stand 16.7. , daß er den mehr als verdienten Titel „Ehrendirigent“ nicht verliehen bekommt.

Was für eine peinliche Provinzposse sondergleichen – vielleicht schon erstes Signum für den Rückfall des Essener Opernhauses in die Provinzialität der alten Tage der Gemütlichkeit der Vor-Soltesz-Zeit.

Wie auch immer, DER OPERNFREUND verleiht seine besondere Auszeichnung, namlich den OPERNFREUND-STERN diesmal keiner Opernproduktion, sondern sie geht an Stefan Soltesz – für die jahrelange Freude und hohe Qualität, die wir, unsere Kritikerkollegen und tausende andere Opernfreunde, die teilweise weit anreisten in seinem Haus 16 Jahre lang genießen durften.

Danke Stefan Soltesz – und gutes Weiterwirken anderswo

Peter Bilsing / 20.7.13

*Vielen Dank, lieber Peter, für Deinen Beitrag!

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Ein Gedanke zu „Aalto-Theater Essen: Servus, Stefan ! Stefan Soltesz geht

  1. Traurig, Traurig, das Bauerntheater fängt wieder an. Hoch lebe die Farbe Schmutziges Braun. Denn rotgrünschwarz und das andere Gemüse ergibt nun mal nichts gescheites. Mt freundlichen Grüßen
    Herrn Soltez alle Gute und eine Stadt, die diesen Ausnahmedirigenten besser zu schätzen weiß. Mit freundlichen Grüßen W.Brötz

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