
Am letzten Tag des Jahres bot das Tonhalle-Orchester Zürich ein Konzert erster Güte. Im prunkvollen Saal der renovierten Tonhalle erklangen Werke von sechs verschiedenen Komponisten. Den Anfang machte die „Akademische Festouvertüre“ op. 80 von Johannes Brahms. Diese im Jahre 1881 uraufgeführte Ouvertüre eignet sich bestens als Auftakt zu einem festlichen Musikabend. Was im Titel ernst klingen mag, ist jedoch eine Hommage an wohlbekannte fröhliche Studentenlieder. Bereits hier konnte das Orchester unter der Leitung der mexikanischen Dirigentin Alondra de la Parra seine unbestritten hohe Qualität beweisen. (Rezension des Konzertes vom 31.12.2021)
Als nächstes standen zwei Werke von Franz Schubert aus dem Jahre 1817 auf dem Programm. Mit „Ganymed“, in der Orchesterfassung von Richard Strauss, mit dem Text von Goethe und „An die Musik“ in der Fassung von Kurt Gillmann erklangen zwei beliebte, bewegende Lieder, vorgetragen durch Julian Prégardien. Mit seinem wunderbaren Tenor war er der dafür bestens geeignete Interpret. Ein absoluter Hörgenuss.

Für eine temperamentvolle Stimmung sorgte anschließend die bestens bekannte Ouvertüre zu „Candide“ von Leonard Bernstein. Eine Entdeckung waren die 1905/06 uraufgeführten „Cinq mélodies populaire grecques“ für Singstimme und Orchester von Maurice Ravel. Diese ursprünglich auf griechischen Texten basierenden Lieder wurden von einem Freund Ravel‘s ins Französische übertragen und wurden eigentlich für Klavier und Gesang geschrieben. Zwei der Lieder orchestrierte Ravel selbst, drei wurden erst 1935 von Manuel Rosenthal für das Orchester bearbeitet. Hier erlebte man nochmals die in allen Facetten tragende Stimme von Julian Prégardien. Was für ein Wohlklang und Ausdruck! Das Orchester begleitete diese selten zu hörenden Lieder mit viel Feingefühl.
George Gershwin‘s Reisen nach Paris in den Jahren 1926 und 1928 haben beim jungen Mann starke Eindrücke hinterlassen. Diese inspirierten ihn zu seiner Komposition „ An American in Paris“. Darin lässt er die Stimmung und den schon damals turbulenten Straßenverkehr in der Großstadt anklingen. Dabei fließen auch mitreißende Melodien der „Roaring Twenties“ ein. Was für ein Potpourri an Eindrücken! Einmal mehr zeigte das Tonhalle-Orchester seine große Spielfreude.
Den Abschluss machten vier Tänze aus dem Ballett „Estancia“ des Argentiniers Alberto Ginastera aus dem Jahre 1942, welche der Komponist als Suite zusammengestellt hatte. Die Kraft dieser Musik lässt keinen ruhig sitzen! Sofort fühlt man sich in die Musik der lateinamerikanische Welt mit ihren mitreißenden Rhythmen hineingezogen. Im zweiten Tanz (Weizentanz) kam eine besinnlichere Stimmung auf. Die danach folgende Danza final war dann wieder an Energie kaum mehr zu übertreffen.

Als Zugabe für den begeisterten Applaus wurde die „Danzón Nr. 2“ des Komponisten Arturo Màrquez gespielt, eines der beliebtesten Orchesterwerke der mexikanischen zeitgenössischen Musik. Nochmals ein Feuerwerk von mexikanischen Rhythmen. Mit der Wiederholung von „Danza final“ forderte Alondra de la Parra das Publikum auf, mitzuklatschen. Dem wurde begeistert Folge geleistet.
Mit der Dirigentin Alondra de la Parra, welche die Musiker mit dezidiertem, aber dennoch feminin-elegantem Dirigierstil leitete, wurde dieser Abend zu einem beglückenden Erlebnis. Das Zusammenspiel zwischen ihr und dem Orchester widerspiegelte die Freude der Musiker am gemeinsam erarbeiteten Programm. Man kann sich nur wünschen, bald wieder ein Konzert mit dieser Künstlerin erleben zu dürfen.
Energiegeladen verließ man den ausverkauften Saal und freute sich, einem beschwingten Konzertabend im ausverkauften Saal der Tonhalle Zürich beigewohnt zu haben.
SILVESTERKONZERT
Tonhalle-Orchester Zürich
Alondra de la Parra, Leitung
Julian Prégardien, Tenor
31. Dezember 2021
Große Tonhalle Zürich
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Tonhalle Zürich
- Titelfoto u. weitere Fotos @ Marco Stücklin