
Mit dieser Neukreation von Kim Brandstrup, welche eine Hommage an den dänischen Dichter Hans Christian Andersen ist, bot das Ballett Zürich eine interessante Begegnung mit der Biographie des Dichters und seinen Märchen. Hans Christian Andersen starb vor 150 Jahren 1875. (Rezension der Uraufführung v. 18.01.2025)
Andersen wuchst in großer Armut auf und verliess bereits im Alter von 14 Jahren das Haus seiner Mutter und ging nach Kopenhagen, denn er hatte ein großes Ziel vor Augen, nämlich ein berühmter Mann zu werden. Um dies zu erreichen, versuchte er immer wieder, in Kreise zu gelangen, wo er erhofft hatte, dass ihm weitergeholfen wird. Dies erwies sich aber als schwieriger, als er es sich vorgestellt hatte und er musste einige herbe Erfahrungen machen. Immer nach großer Aufmerksamkeit strebend, begleiteten ihn aber auch die Gedanken an seine Mutter und die Erinnerung an deren Erzählungen. Als ein hypochondrischer und in ständig in Angst lebender Mensch war Andersen stets von Unruhe getrieben.
Durch Ausdauer und auch Glück gelang es ihm schließlich, einer der bekanntesten Dichter und Schriftsteller Dänemarks zu werden. Viele seiner Märchen sind traurige Geschichten, die zum Teil Anderson’s eigene Erlebnisse widerspiegeln.

Kim Brandstrup hat in seinem Ballett drei dieser Märchen „Die kleine Meerjungfrau“, „Die Schneekönigin“ und „Der Schatten“ gekonnt mit dem Leben des immer wieder die Szene beobachtenden Andersen verwoben. Die Märchen sind in kurzen tänzerischen Sequenzen eingeflochten, was jedoch für den Zuschauer nicht leicht zu erkennen ist. Am Anfang, wie auch am Schluss der Handlung ist die starke Beziehung zur Mutter in zwei großen Szenen thematisiert. Es erfordert jedoch einiges an Fantasie um in dieser fast 90 minütigen Aufführung immer den Ideen des Choreographen folgen zu können. Oft wiederholten sich die Tanzbilder.
Ganz hervorragende Momente sind die beiden Szenen mit Andersen und seiner Mutter und der eindrückliche Spiegelbildtanz zwischen dem Dichter und dem Schatten aus dem gleichnamigen Märchen.
Das Bühnenbild und die Kostüme von Richard Hudson, kombiniert mit den Videos von Tieni Burkhalter und der Lichtgestaltung von Martin Gebhard, überzeugen und faszinieren trotz der herrschenden düsteren Stimmung.

Lucas Valente als H.C.Andersen, Shelby Williams als Andersens Mutter, Max Richter als Meerjungfrau, Wei Chen als Prinz, Daniela Gómez Pérez als fremde Prinzessin, Elena Vostrotina als Schneekönigin, Mlindi Kulashe als Kay und Ruka Nakagava als Gerda überzeugen in den jeweiligen Rollen. Die beiden ersten Solisten Esteban Berlanga als Dichter und Karen Azatyan als der Schatten, bieten in ihren Szenen eine sehr eindrückliche Leistung. Einmal mehr zeigt damit das Zürcher Ballett, wie flexibel diese Compagnie ist, immer wieder neue Herausforderungen auf der Bühne auf höchstem Niveau zu präsentieren.
Der Sounddesigner Ian Dearden hat die Choreographie mit einer Zusammenstellung von Fragmenten aus Werken von Anna Clyne, Hans Abrahamsen, Schubert, Chopin, Debussy, Schönberg, Kurtag und einer armenischen Volksweise eindrucksvoll musikalisch untermalt. Die Musik wird über Lautsprecher von höchster Qualität in den Saal eingespielt.
Das Ballett ist eine durchaus interessante Neukreation. Allerdings wird der Genuss durch einige Längen etwas geschmälert. Es ist den Besuchern sehr zu empfehlen, die stets sehr interessante Einführung vor der Vorstellung zu besuchen.
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Ballett Zürich / Stückeseite
- Titelfoto: Ballett Zürich/Of Light, Wind and Waters/Foto: Gregory Batardon