Oper Bonn: Bühne frei für das Kunstlied! Liedersoirée mit Santiago Sánchez und Elia Tagliavia

Santiago Sánchez

Man merkte, dass Santiago Sánchez und Elia Tagliavia mit Herzblut bei der Sache waren. Mit großem Stolz kündigte der neue künstlerische Betriebs- und Castingdirektor der Oper Bonn, Marcus Carl, den in Montevideo geborenen spanischen Tenor Carl Santiago Sánchez und den sizilianischen Korrepetitor Elia Tagliavia als erstes Lied-Duo der neuen Reihe an. Roter Teppich, gedimmtes Licht, Getränk und Häppchen auf dem Tisch – in entspannter Atmosphäre saß man zu viert an runden Tischen im Foyer der Oper und konnte die sorgfältig ausgewählten und vorgetragenen kleinen musikalischen Kostbarkeiten genießen. (Besuchte Vorstellung am 13. November 2023

 

 

Der erste Termin der neuen Soirée-Reihe war sehr schnell ausverkauft. Lange vorher waren schon keine Tickets mehr zu bekommen. In einzigartiger Salon-Atmosphäre im Foyer des Opernhauses fand ein intimes Zwiegespräch zwischen Künstlern und Publikum statt. Das Getränk konnte man sich vor dem Konzert am Buffet holen, und das Restaurant Fidelio servierte dazu in der Pause Verrinen (kleine Köstlichkeiten im Glas). Anders als bei der Kino-Sitzordnung im Saal kam man mit seinen Tischgenossen ins Gespräch und konnte sich unmittelbar in den Pausen zwischen den einzelnen Liedern austauschen. Anders als bei den großen Liederzyklen wie der „Winterreise“, die ohne Pause durchgespielt werden, sind bei Liederabenden immer wieder zwischen Gruppen von zwei bis vier Liedern Applauspausen, in denen es sehr viel Spaß macht, sich über das Gehörte auszutauschen.

Ich hatte Santiago Sánchez bereits mit großem Vergnügen bei einem Liederabend beim Bonner Schumannfest im Schumannhaus erlebt und kenne ihn aus seinen Rollen als Titelheld in Verdis „Don Carlos“, als Albert, den jungen Liebhaber in Liebermanns „Leonore 40/45“, als Rosillon in der „lustigen Witwe“ und als intriganten Minister in Franckensteins „Li-Tai-Pe“. Er moderierte sein Programm mit großem Charme selbst und hielt ständig den Blickkontakt zu seinem Publikum.

Oper Bonn/Liedersoiree Santiago Sánchez, Elia Tagliavia(Klavier)/Foto @ Anna Marx

Der Auftakt mit vier häufig gespielten Liedern des Norwegers Edvard Grieg Op. 48 zu Gedichten von Heine, Uhland und Goethe vermittelte den ersten Eindruck von deutscher Romantik. Elia Tagliavia und Santiago Sánchez harmonierten ganz prächtig – als hätten sie immer schon zusammen musiziert. Vier wunderschöne Lieder von Ottorino Respighi folgten, die schon etwas impressionistisch und italienisch wirkten. Sie entführten in einen nächtlichen Zaubergarten, und „Stornellatrice“ erinnerte an Arien von Puccini.

Richard Strauss darf bei einem Liederabend nicht fehlen. Mit den hochromantischen Hits wie „Die Nacht“ „Zueignung“,  „Allerseelen“,  „Nachtgang“ und „Wie sollten wir geheim sie halten“, die technisch sowohl an den Pianisten als auch an den Sänger höchste Anforderungen stellen, stellten die beiden das Glück einer erfüllten Liebe dar.

Nach der Pause erklangen impressionistische Lieder von Joaquin Turina mit einer großen virtuosen Einleitung des Klaviers, bei der Tagliavia glänzen konnte. Es folgte der populäre Teil mit, man kann schon sagen, Schlagern, von Ruggero Leoncavallo und Giacomo Puccini und Ernesto de Curtis. „Ti voglio tanto bene“. Den Abschluss bildeten „Cinco canciones populares argentinas“ – fünf populäre argentinische Melodien, die mit viel Lautmalerei verschiedene Situationen schilderten. Sánchez hat einen sehr weichen wohlklingenden Tenor mit einer wunderschönen Kopfstimme und elegantem Passagio und bewies seine Virtuosität und Vielseitigkeit mit dem ausgewählten Programm. Tagliavia war mehr als ein Begleiter, er war ein kongenialer Partner.

Als Zugaben sang Sánchez: „Besos en mis sueños“, einen bolivianischen Walzer, dann „Ich liebe dich“ von Grieg und „Parlami d’amore Mariù“. Sanchez sang mit vorbildlicher Textverständlichkeit, so dass man keine Textblätter vermisste, und auch bei den mit perfekter Italianitá vorgetragenen italienischen und bei den sehr vielfältigen spanischsprachigen Liedern war aufgrund seiner Moderation klar, worum es ging – Herbst-Romantik und Liebe.

Die deutschsprachigen Lieder, die häufiger aufgeführt werden, kennt man, aber die italienischen und vor allem die spanischsprachigen Lieder waren echte Novitäten, die mir sehr gut gefielen.

Der nächste Termin in dieser Reihe wird ein Liederabend von Anna Princeva und Igor Horvath, dem frisch ernannten Studienleiter der Bonner Oper, am 22. Januar 2024 sein.

Die ess- und trinkbaren Köstlichkeiten – ein Getränk und ein Häppchen – von Restaurant Fidelio sind im Ticketpreis inbegriffen und werden in der Pause serviert.

 

  • Rezension von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Homepage Santiago Sánchez
  • Titelfoto: Oper Bonn/Liedersoiree Santiago Sánchez/Foto @ Anna Marx
Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert