Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre

Hamburger Staatsoper: WA der Opéra bouffe „La Belle Hélène“ von Jacques Offenbach am 1. Weihnachtstag

Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre
Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre

(Bericht von der Wiederaufnahme -WA- am 25.12.2017

Ein Garant für gute Laune!“

Das steht auf der Seite der „Staatsoper Hamburg“ in der Beschreibung zu der Hamburger Fassung von Jacques Offenbachs Opera-bouffe „La belle Hélène“. Und nichts könnte wahrer sein!


Musik und Geschichte sind per se schon voller Esprit, Leichtigkeit und nicht weniger ironisch, satirischer Anspielungen auf die neuzeitliche Gesellschaft, mithilfe eines Themas aus der Antike. Es geht nicht nur um die Borniertheit der Spießbürger und die Eitelkeit der Machthaber in Form von griechischen Gottheiten. Nein, auch Ehebruch durch die Frau spielt eine Rolle.

Hélène, die schönste Frau der Welt, langweilt sich in der Ehe mit Ménélas. Leidenschaftliche Abwechslung erfährt sie, als sie Páris, „L’homme avec la pomme“, den Mann mit dem Apfel trifft. Zwar wird die Liebesnacht durch ihren Gatten gestört, doch bekanntermaßen befreit Páris sie ja mittels Entführung aus dem Ehegefängnis.

 

Renaud Doucet und André Barbe / Foto @ Julius Ahn
Renaud Doucet und André Barbe / Foto @ Julius Ahn

Regisseur Renaud Doucet und Bühnen/Kostümbildner André Barbe gehen sogar noch etwas weiter. Sie verlegen die Oper auf das Kreuzfahrtschiff „Jupiter Stator“ und lassen sie in den 60iger Jahren spielen. Flowerpower, Joints und freie Liebe inklusive. So haben Hélène und ihre Damen bei der Arie „Amours divins!” neben Schminkutensilien auch antike Vibratoren und Liebeskugel in ihren pinken Beautycases. In der Liebesnacht treibt sie den schönen Hirten mit Peitsche und rosa Plüschhandschellen an und ihr Gatte Ménélas hat einen Diener der ganz offensichtlich auch sein Liebhaber ist. Und es gibt noch weitere – nicht nur erotische – liebevolle Anspielungen, die nie zu Lasten von Geschichte oder gar Musik gehen, sondern zum Genießen und Entdecken einladen. Da sind zum Beispiel die weiß berockten griechischen Wachsoldaten oder die typischen 60iger Jahre Kleider, die aber Borten und Säume mit griechischen Symbolen haben. Auch die „kleine Elektra“ dargestellt von einem Bär von einem Mann in grünem Kleidchen und natürlich mit Beil, fehlt nicht. Es gibt Wasserballett im Bällebad und vieles mehr. Nichts davon wirkt jedoch aufgesetzt oder aufdringlich, sondern beweist, dass Regietheater sehr wohl schön zusehen sein kann. Und Kunst wirklich von Können kommt: Denn so wie Barbe mit seinen wunderbaren Bühnenbild- und Kostümkreationen gekonnt bezaubert, fasziniert der ehemalige Tänzer und Choreograf Doucet durch seine leichtfüßige, und darum so perfekte Personenführung. Er kann die Menschen einfach bewegen, jedem einen gewissen Charakter verleihen. Auf den, so beliebten, stereotypen erhobenen, Zeigefinger wird hier verzichtet. Und das macht einfach Spaß. Unübersehbar auch jenen auf der Bühne, was sich auf uns, dem Publikum überträgt. Das Freude an der Arbeit die Leistung steigert kennt jeder, und so gibt es an diesem Abend nicht nur schöne Dinge zu betrachten, sondern auch humorvolles Spiel zu sehen und schönen Gesang zu hören.

Allen voran begeistert Jennifer Lamore in der Titelrolle. Lamore brillierte bereits in der Premieren-Serie in dieser Rolle und es bleibt zu hoffen, sie noch oft und in anderen Produktionen hier in Hamburg erleben zu dürfen. Sie genießt jeden Augenblick, kostet jede humorvolle oder auch dezent erotische Wendung aus, spielt mit Mimik, Gestik und vor allem, großer Stimme. Ihr Sopran ist voll, klar und in den Koloraturen, wie den spielerischen Schnörkeln im Finale, völlig schwerelos und offensichtlich bar jeder Anstrengung.

Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre
Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre

Ähnliches gilt für Oleksiy Palchykov, der an diesem als Páris sein Debüt gibt: Vielleicht fehlt es dem jungen Ukrainer, hier und da noch an stimmlicher Fülle, doch seine Arie „Au mont Ida“ überzeugt und seine Jodler im letzten Akt streicheln die Lachmuskeln und Ohren. Eigentlich sollte nach seiner Darbietung als Lysander in Brittens „A Midsummer Night’s Dream“ sein komödiantisches Talent nicht überraschen, und doch übertraf er die Erwartungen.
Mit Spannung erwartet wurde auch der Auftritt von Countertenor
Max Emanuel Cencic als lebensfroher, stets von Schönheiten (und manchmal „Schwesterchen“ Elektra) umgebener, Orest. Nicht allein bei den hohen Tönen versprüht er Esprit und auch Ironie. Wann immer er auf der Bühne ist, ist seine Bühnenpräsenz nicht zu übersehen.
André Barbe, Renaud Doucet und nicht zu vergessen ihr Lichtdesigner Guy Simard lassen aber auch die kleinen Rollen groß aussehen. So ist das „Couplet du rois“ ein Kabinettstückchen, bei dem die Könige Ajax 1 & 2 (Sergei Ababkin & Julian Rohde) Achilles (Ziad Nehme), Ménélas (Peter Galliard) und Agamemnon (Viktor Rud) aus dem Vollen schöpfen können und es auch tun. Würde sich vielleicht manch einer hier auch mehr stimmliche Präzision wünschen, so machen die Kostüme, macht das Spiel, vieles wett. Da ist das allseits bekannte „Ajax“-Logo, das von passenden Utensilien auf den Helmen ergänzt wird. Oder Achilles als antiker Elvis. Ja, und Agamemnon hat sogar seine eigenen Cheer-Leader.


Aber auch, wenn der Schwerpunkt dieser Rezension, dieses Mal sehr bei der Produktion liegt, sollen die anderen nicht unerwähnt bleiben. Nämlich
Renate Spingler (Léoena), Gabriele Rossmanith (Parthoenis), Soomin Lee (Bacchis) und Otto Katzameier (Calchas). Last but not least, trug natürlich Nathan Brock, der bis zur letzten Spielzeit als Assistent von Kent Nagano fungierte, mit den Philharmonischem Staatsorchester Hamburg zu dem Erfolg dieses umjubelten Abends bei.


Fazit: Angelehnt an die Worte aus dem Finale des 1.Aktes:
„Pars pour la Créte“ (Auf nach Kreta!), schließe ich mit den Worten: „Pars pour la „Jupiter Stator“!

 

  • Rezension der besuchten Aufführung v. 25.12.2017 von Birgit Kleinfeld, Hamburg
  • weitere Infos, Termine und Kartenvorverkauf unter DIESEM LINK
  • Titelfoto: Staatsoper Hamburg/ La Belle Hélène/ Foto @ Klaus Lefebvre
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