Tonhalle Zürich: „Fidelio“ – Halbszenische Aufführung

Tonhalle Zürich/FIDELIO/P. Järvi//Foto ©Alberto Venzago

Eine außergewöhnliche Aufführung der Oper „Fidelio“ konnte man in der Tonhalle Zürich erleben. Es war das erste Mal, dass Music Director Paavo Järvi eine Oper in diesem Saal zur Aufführung brachte und dies in einer halbszenischen Version. (Vorstellung v. 16. Juni 2023)

 

Regisseurin Eva Buchmann hat dafür wenige Requisiten auf die bereits durch das Tonhalle-Orchester bestens besetzte Bühne gebracht und ließ die Sänger mit wenigen Gesten agieren. Die Kostüme Solisten, einschließlich des Chors, waren sehr schlicht und wirkten uniform. Damit wurde Beethovens utopischer Idee „Alle Menschen sind gleich“ entsprochen. Die Dramaturgie wurde von Ben Hurkmans betreut. Durch die Lichteffekte im Raum wurden die Stimmungen der jeweiligen Szenen verdeutlicht.

Mit Texten aus Briefen und Notizen Beethovens, sowie aus seinem „Heiligenstädter Testament“, welche von Stefan Kurt hervorragend rezitiert wurden, entstand eine ganz eigenständige Mischung zwischen Musik und Text. Waren die Texte anfangs noch eher leicht und lustig, so wurden sie, je weiter die Handlung ihren Fortlauf nahm, immer schwermütiger und offenbarten das tragische Schicksal des Komponisten. Diese Aufführung hätte bereits im Jahre 2020 stattfinden sollen, aber wegen der Corona Pandemie mussten viele Projekte abgesagt werden, so auch dieses. Für Paavo Järvi war dieses Projekt ein persönliches Anliegen, ein Wunsch, den er sich jetzt erfüllen konnte.

Für die Besetzung hat man international bekannte Solisten engagiert und so gibt es von der musikalischen Seite dieses Abends viel Erfreuliches zu berichten.

Tonhalle Zürich/FIDELIO/J. Wagner, M. Schade/Foto ©Alberto Venzago

Der amerikanischen Sopranistin Jacquelyn Wagner als Leonore gelang es bestens, mit ihrer starken Stimme alle Emotionen und Schwankungen der Gefühle dieser Partie zu vermitteln. Mit dem Deutsch-Kanadischen Tenor Michael Schade als Florestan erlebte man einen Sänger-Darsteller mit großer Erfahrung. In seiner Szene „Gott! Welch Dunkel hier!“ überzeugte er sowohl mit seiner kräftigen Stimme, als auch mit der ausgezeichnete Diktion seiner Texte. Ergreifend, wie er es verstand, das Leiden dieses Gefangenen und auch seine Hoffnungen und im Finale der Oper das Glück des Befreiten auszudrücken.

Tonhalle Zürich/FIDELIO/K. Konradi, C. Fischesser, J. Wagner/Foto ©Alberto Venzago

Eine ganz hervorragende Sängerin ist die kirgisische Sopranistin Katharina Konradi. Von der ersten bis zur letzten Note Ihrer Marzelline war man von der Schönheit dieser Stimme eingenommen. Ein Genuss. Christof Fischesser, welcher die Partie des Rocco sang, muss man in Zürich nicht mehr vorstellen, ist er doch mit dem Opernhaus Zürich schon seit mehreren Jahren verbunden. Er konnte ebenfalls mit großer Stimme überzeugen und passte somit perfekt in das bestens besetzte Solistenensemble des Abends. Der deutsche Tenor Patrick Grahl war für die Partie des Jaquino eine Idealbesetzung. Sein heller Tenor und seine Spielfreude liessen aufhorchen. Zusammen mit Marzelline wurde bereits der Anfang der Oper zu einem echten Hörerlebnis.

Bassbariton Shenyang, welcher auf vielen internationalen Bühnen zu erleben ist, gestaltete die Partie des Don Pizarro stimmgewaltig und beeindruckend. Als Don Fernando ergänzte der Bass Tareq Nazmi das eindrückliche Ensemble.

Mit der Zürcher Sing-Akademie, einstudiert von Florian Helgath und Sebastian Breuing, hat man einen Chor engagiert, welcher einen festen Platz unter Europas professionellen Chören einnimmt. Auch an diesem Abend konnte man sich wieder von dessen erlesener Qualität überzeugen. Bravo!

Tonhalle Zürich/Orgel/ Foto ©Georg Aerni

Dass dieses Projekt eine Herzensangelegenheit von Music Director Paavo Järvi war, zeigte sich an seinem Dirigat, welches die Solisten und den Chor sehr umsichtig durch die Komposition führte. Sein Tonhalle-Orchester glänzte mit einer starken Leistung und man konnte spüren, dass der Dirigent und die Orchestermusiker/innen eine harmonische Gemeinschaft bilden.

Das Publikum ließ sich mitreißen und sparte am Ende der Aufführung nicht mit großem Applaus und vielen Bravorufen.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Tonhalle Zürich/Stückeseite
  • Titelfoto: Tonhalle Zürich/FIDELIO/Ensemble/Foto ©Alberto Venzago

 

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