Sommerfestspiele Baden-Baden: „SIMON BOCCANEGRA“ mit Placido Domingo – Glanzvolle Opernlegende

Festspielhaus Baden-Baden/ SIMON BOCCANEGRA/ Foto @ Andrea Kremper

Wenn in Baden-Baden während der Sommerfestspiele ein einmaliges Gastspiel der Oper SIMON BOCCANEGRA des St. Petersburger Mariinsky-Theaters auf dem Programm steht, muss man sich als Veranstalter um das Interesse des Publikums keine Sorgen machen. Kommt es aber dabei noch zu einem Auftritt des wohl berühmtesten Opernsängers unserer Zeit, PLACIDO DOMINGO, welcher nach 20 Jahren wieder einmal im Festspielhaus Baden-Baden zu erleben ist, so ist ein ausverkauftes Haus garantiert. Somit waren die Erwartungen des Publikums natürlich sehr hoch und eine spannungsgeladene Stimmung schwebte im Zuschauerraum. (Besuchte Vorstellung am 9.7.2019

 

Verdi’s SIMON BOCCANEGRA hatte einen langen Weg bis zur Anerkennung durch das Publikum zurückzulegen. Die Uraufführung am 12. März 1857 in Venedig war alles andere als ein Erfolg und auch die Aufführung im Jahre 1859 an der Scala in Mailand fand keinen Anklang. Erst die zweite Fassung unter Mitwirkung von Arrigo Boito, welche 1881, also 22 Jahre später, abermals an der Scala stattfand, wurde mit großem Beifall belohnt.

Beim Gastspiel in Baden-Baden wurde eine Inszenierung gezeigt, welche für das Mariinsky-Theater in St. Petersburg und das Teatro La Fenice in Venedig erarbeitet wurde, was den Kreis zur ersten Uraufführung schliesst.

Festspielhaus Baden-Baden/ SIMON BOCCANEGRA/ Foto @ Andrea Kremper

In diesem Drama um Macht, Liebe, Eifersucht und Verlust begegnen wir nicht den für Verdi so typischen melodiösen Arien und Duette, sondern einer meist schwermütigen Orchestersprache, welche die einzelnen Figuren psychologisch nachzeichnet. Ganz im Sinne von Verdi, welcher von der Düsternis dieser Handlung fasziniert war, haben ANDREA DE ROSA und sein Kostümbildner ALESSANDRO LAI, die Handlung inszeniert.

Vor einer großen Wand, welche sich im Laufe der Handlung immer wieder verwandelt, sei es im Palast, im Garten oder im Ratssaal, sowie ganz am Ende der Oper in sich öffnende Fenster, welche den Blick auf einen Sonnenuntergang am Meer freigeben, spielen sich die dramatischen Szenen ab. Das Lichtdesign von PASQUALE MARI ist sehr ansprechend.

Gerade bei einem einmaligen Gastspiel, wie diesem, ist es natürlich nicht möglich, die Personenführung detailliert einzustudieren. Deshalb war den einzelnen Sängern die Gestaltung frei überlassen was die klassischen Operngesten aufleben lässt.

Man war natürlich sehr gespannt, wie PLACIDO DOMINGO, welcher ja ein geradezu unglaubliches Programm rund um die Welt absolviert, diese Rolle meistern wird. Und man darf von einer sehr eindrücklichen Leistung berichten. Keinen Moment lang musste man um die Stimme fürchten oder spürte man eine Überanstrengung. Gepaart mit seinem intensiven Spiel, welches die jahrzehntelange Bühnenerfahrung widerspiegelte, kann man über diese Energie nur staunen.

Festspielhaus Baden-Baden/ SIMON BOCCANEGRA/ Foto @ Andrea Kremper

Ein weiterer großer Sänger konnte man als den Gegenspieler von Simon, Jacopo Fiesco, erleben. FERRUCCIO FURLANETTO kann ebenfalls über eine Karriere an allen Opernhäusern der Welt zurückblicken und hat mit seiner Bassstimme sämtliche Rollen dieses Stimmfachs gesungen. Seine edle Stimme passte hervorragend zum hellen Bariton von PLACIDO DOMINGO. Die Begegnung der beiden am Schluss der Oper war sicher der Höhepunkt des Abends.

TATIANA SERJAN als Amelia Grimaldi sang mit vollem Einsatz diese schwierige Partie und glänzte am meisten in den emotionalen Momenten. In den ganz exponierten Höhen war eine gewisse Anstrengung nicht zu überhören.

Einen ganz hervorragenden Eindruck machte der junge Tenor OTAR JORJIKIA als Gabriele Adorno. Die Stimme glänzte und strahlte auch in den höchsten Tönen. Von diesem Sänger, welcher bereits an einigen wichtigen Häusern erfolgreich aufgetreten ist, wird man in Zukunft noch viel hören.

Der Bariton ROMAN BURDENKO, welcher in Baden-Baden schon in einigen Rollen zu hören war und in St. Petersburg viele Hauptpartien singt, konnte auch als Paolo Albiani überzeugen. Eine kraftvolle und edle Stimme. GLEB PERYAZEV als Pietro, MIKHAIL MAKAROV als Hauptmann und OLGA LEGKOVA in der Rolle der Dienerin Amelias, ergänzten dieses Ensemble.

Festspielhaus Baden-Baden/ SIMON BOCCANEGRA/ Foto @ Andrea Kremper

Das ORCHESTER DES MARIINSKY THEATERS muss man in Baden-Baden niemandem mehr vorstellen. Unzählige Gastspiele konnte man erleben. Auch an diesem Abend unter der Leitung von VALERY GERGIEV, spielte das Orchester hervorragend und begleitete die Sänger gerade auch an den leisen Stellen mit ganz feinen Tönen. Auch der CHOR DES MARIINSKY THEATERS überzeugte einmal mehr und konnte unter der Leitung von ANDREI PETRENKO seinem Ruf mehr als gerecht werden.

Das Publikum war begeistert, was mit vielen Bravorufen zum Ausdruck gebracht wurde. Besonders natürlich für den Star des Abends. Diese Aufführung wird in der Geschichte des Festspielhauses Baden-Baden sicher einen besonderen Platz erhalten.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Festspielhaus Baden – Baden
  • Titelfoto: Festspielhaus Baden-Baden/ SIMON BOCCANEGRA/ Foto @ Andrea Kremper
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