Philip Glass – Songs – World Premiere Recording

Maki Namekawa u. Martin Achrainer / @Andreas H. Bitesnich

Diese Weltersteinspielung lässt aufhorchen! Einer der meistgespielten, lebenden Komponisten unserer Zeit beschäftigt sich das erste Mal mit dem klassischen Kunstlied in seiner reinsten Form: Stimme und Klavier. (Veröffentlichung: 17.12.2021 Streaming Dienste/28.1.2022 CD im Fachhandel)

 

 

 

Mit „Philip Glass – Songs“ präsentieren die Pianistin Maki Namekawa und der Bariton Martin Achrainer den Liederzyklus Songs of Milarepa aus dem Jahre 1997 in einer neu bearbeiteten Klavierversion. Der Zyklus handelt von der spirituellen Reise des tibetischen Mönches und Poeten  Milarepa, welcher vor 900 bis 1.000 Jahren lebte. Martin Achrainer hat sich in den letzten Jahren durch seine intensive Zusammenarbeit mit dem Komponisten zu einem Glass-Spezialisten entwickelt. Besonders durch seine viel beachtete Gestaltung der Titelrolle des Keplers in Glass‘ gleichnamiger Oper. Maki Namekawa ist eine der herausragenden Künstler, die heute mit Philip Glass arbeiten. Der oscarnominierte Golden Globe Gewinner Philip Glass wählte sie 2014 als erste Pianistin aus, um seine kompletten Klavieretüden aufzunehmen.

SONGS Das neue Album «Songs» des Duos Martin Achrainer und Maki Namekawa beginnt mit der Ersteinspielung des Liederzyklus «Songs of Milarepa» von Philip Glass in der Bearbeitung für Klavier und Bariton. «Milarepa war ein großer tibetischer Philosoph und Poet, der vor etwa 1000 Jahren lebte. Er schrieb spontane Gedichte, die von seiner spirituellen Reise handeln.

Martin Achrainer / Foto @ Reinhard Winkler

Der Bariton Martin Achrainer hat sich in den letzten zehn Jahren in unzähligen Aufführungen mit dem Werk von Philip Glass auseinander gesetzt. Dies gipfelte darin, dass Achrainer 2009 die Titelrolle des Keplers in Glass’ gleichnamiger Oper in der Welturaufführung sang. Später führte er zusammen mit Dennis Russell Davies die «Songs of Milarepa» in der ursprünglichen Orchesterfassung mit dem Bruckner Orchester Linz auf. Im Vorfeld dieser Aufführungen erhielten Davies und Achrainer die Partitur in einer reduzierten Fassung für Bariton und Klavier. Davies zeigte diesen Klavierauszug der Pianistin Maki Namekawa, die ihn daraufhin genauer studierte. Namekawa wurde von Philipp Glass bereits 2014 beauftragt, als erste Pianistin überhaupt, seine gesamten Klavieretüden einzuspielen. 2019 widmete er ihr zudem seine erste Klaviersonate.

Im Gespräch über das neue Album «Songs» sagte Maki Namekawa: «Ich liebe diese Version für Bariton und Klavier. Sie ist enorm intensiv, und ich habe das Potenzial gesehen, das Martin und ich in diese Werke gemeinsam einbringen können». Als Glass 1997 an das Sagra Musicale Umbra Festival in Italien eingeladen wurde, dachte er sofort daran, ein Stück über Milarepa zu schreiben. Glass erklärte: «Seine Poesie handelt von Dingen, die Menschen verstehen. Ich wählte drei Gedichte aus und komponierte diese Lieder für einen Bariton. Milarepa hat mehr als 100000 Gedichte geschrieben. Jedes von ihnen ist sehr unterschiedlich. Eines handelt von der Entsagung und dem Leben eines Yogis, der in einer Höhle lebt. Das zweite heißt das «Lied vom weißen Stab». Milarepa benutzt den Stab, um die Ideen des Buddhismus zu illustrieren, über die er sprach. Das dritte ist das «Lied der fünf Schwestern», in dem er über letzte Wahrheiten spricht. Er erklärt diese den fünf Engeln, die ihn besuchen. Das mittlere Lied ist ein sehr lebhaftes Lied, das erste und das letzte sind feierlich und beschaulich.» Als Ergänzung zu den Milarepa-Liedern empfahl Davies «Hydrogen Jukebox» (1990). Wie ein Großteil von Ginsbergs Gedichten aus dieser Zeit, wurde auch «Song #1 from Iron Horse» im Wesentlichen durch den Krieg in Vietnam geprägt, einschließlich der Idee von Amerika als Imperium, dem Niedergang des Imperiums und dem Fall Amerikas im Besonderen. «From Iron Horse» wurde ursprünglich für Synthesizer und einen Tenor komponiert. Diese nun viel düstere Interpretation für Bariton wird dem Inhalt des Gedichts jedoch besser gerecht. Dies gilt auch für die beiden Ausschnitte aus «Monsters of Grace», die für das Philip Glass Ensemble und Synthesizer komponiert wurde, wobei für dieses Projekt alle Arten von Klangsamples verwendet wurden. «Monsters of Grace» (1997) war der Titel einer Multimedia-Oper von Robert Wilson und Philip Glass. Die in der Oper verwendeten Texte stammen aus den Schriften des persischen Dichters Jalāl ad-Dīn Mohammad Rūmī aus dem 13. Jahrhundert und wurden von Coleman Barks übersetzt. Ein verbindendes Thema der sechs Lieder hat mit Buddhismus, Mystik, Tibet und Indien zu tun, und wird in dieser Komposition durch das Ohr und die Hand eines amerikanischen Komponisten des späten 20. Jahrhunderts gefiltert.

Maki Namekawa / Foto @ Andreas H. Bitesnich

Glass begann in den 1960er Jahren nach Indien zu reisen, und seine Interaktion mit Ravi Shankar war grundlegend für die Entdeckung seiner eigenen musikalischen Stimme. «Seit 1967 besuche ich die tibetische Gemeinschaft und stehe mit ihr in Kontakt. Damals habe ich zum ersten Mal die Gedichte von Milarepa gelesen.» Die letzten beiden Lieder sind äußerlich buddhistisch, besonders das letzte Lied «Where Everything Is Music». Es ist schwer sich einen treffenderen Titel vorzustellen, der das kreative Leben von Philip Glass beschreibt, als «Where Everything Is Music». Glass begann mit seinen ersten Kompositionen im Alter von 15 Jahren und hat seit sieben Jahrzehnten ununterbrochen Musik komponiert! Mohammad Rūmīs Worte: «Macht euch keine Sorgen, diese Lieder zu retten! Und wenn eines unserer Instrumente kaputt geht, ist das auch nicht schlimm. Wir sind an den Ort gelangt, an dem alles Musik ist», könnte ein Credo für das künstlerische Leben von Philip Glass sein. Wir hören in diesen Liedern eine starke Bedeutung: Worte und ihre Fähigkeit, das Leiden und die Torheit einer Zivilisation anzusprechen, die dazu verdammt ist, ihre Fehler zu wiederholen. In den letzten Momenten des Albums hören wir Achrainer singen: «Stop the words now! Öffne das Fenster in der Mitte deiner Brust, und lass die Geister ein- und ausfliegen».

In der letzten Minute bleibt uns nur noch die Musik. Es gibt nur Glass’ Musik und Namekawas Spiel. Gemeinsam stellen sie die unbeantwortbaren Fragen, die der Text aufwirft, und wir werden an den Ort zurückversetzt, an dem alles Musik ist. – Richard Guérin, Salem (Massachusetts), September 2021 (aus dem Englischen)

 

CD-Cover

Songs of Milarepa 01. I Am the Man Called Milarepa [9:57] 02. Song of the White Staff [8:56] 03. Song of the Five Sisters [9:15] Three Songs for Baritone and Piano 04. Lightning’s Blue Glare (from Hydrogen Jukebox) [6:47] Poetry by Allen Ginsberg 05. Let the Letter Read You (from Monsters of Grace) [3:19] Poetry by Jalāl ad-Dīn Mohammad Rūmī 06. Where Everything Is Music (from Monsters of Grace) [6:04] Poetry by Jalāl ad-Dīn Mohammad Rūmī Total playing time [44:18]

 

 

 

 

 

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert