Neues Orchester Basel: Konzert vom 14. Mai 2023 – „Befreiung von Vorbildern“

Neues Orchester Basel/Konzert 14.5.23/Foto ©Ingo_Hoehn

Am Muttertag wartete das Neue Orchester Basel mit einem interessanten Programm auf. Nach einer launigen Begrüßung wurde das Publikum mit einer nicht angekündigten Kurzfassung von Beethovens 2. Symphonie auf die nachfolgenden Werke des Konzertprogramms eingestimmt. Dies aus dem Grunde, weil die zur Aufführung gelangenden Werke von Schubert und Brahm stark durch Beethovens Einfluss auf die Musik geprägt sind, von welchem sich die beiden Komponisten erst spät befreien konnten. Durch kurze Ankündigungen des Dirigenten und des Solisten, wurde das Publikum auf das jeweils zu hörenden Werk eingestimmt. (Konzert v. 14.5.2023 im Stadtcasino Basel)

 

 

Bei Franz Schubert äußerte sich dies in vielen unvollendeten Entwürfen und Fragmenten. Da passte die Aufführung des ersten Satzes „Allegro moderato“ aus seiner Sinfonie in h-moll „ Die Unvollendete“ bestens ins Programm. Bereits an dieser Stelle konnte man die Spielfreude des Orchesters unter der Leitung von Christian Knüsel spüren.

Zur Aufführung kam das spannende, im Jahre 1938 entstandene und selten zu hörende Werk „Konzert für Orgel, Streicher und Pauke“ von Francis Poulenc. Durch die ungewöhnliche Besetzung mit einer Orgel entstand das Werk als Hommage an Johann Sebastian Bach. Zur Zeit der Komposition war die Orgel nur sehr selten in einem Solokonzert zu hören. Mit diesem Werk erlebte man die ganze Bandbreite der Orgel. Dramatische Klänge zu Beginn und dazwischen wieder leiseste Pianostellen zeugen vom Einfallsreichtum des Komponisten und ziehen das Publikum in den Bann. Ein wahrlich ganz spezieller Hörgenuss.

Mit Thilo Muster sass ein Meister des Orgelspiels am Instrument. Zusammen mit dem bestens disponierten Orchester gelang die Ausleuchtung aller Facetten des Werkes optimal und so wurde es auch zu einem ersten Highlight dieser Konzertveranstaltung. Thilo Muster kennt die neue Orgel im Stadtcasino wie wohl kein zweiter, war er doch Mitinitiant und leitender Experte beim Bau dieses Instruments.

Neues Orchester Basel/Konzert 14.5.23/Foto ©Ingo_Hoehn

Als Höhepunkt des Abends, kam sein neu komponiertes Werk „Bachiana balcanica“ für Orgel und Sinfonieorchester zur Aufführung. Von einem berühmten Orgelwerk J.S. Bachs ausgehend, begegnet man in diesem Stück auch Klängen aus dem Balkan. So ein bulgarischer Horo, ein rumänisches Lied oder ein serbischer Čoček. Außerdem kurze Zitate, die an Poulenc und Bach erinnern. Es ist Thilo Muster gelungen, mit seinem neuen Werk die Vielseitigkeit einer Orgel zu dokumentieren und mit neuen Ideen ein Werk zu schaffen, welches man gerne wieder hören wird.

So eine Aufführung kann nur gelingen, wenn Orchester und der Solist musikalisch bestens harmonieren. Das bewies die mitreißende Aufführung dieser speziellen Komposition. Das Publikum war begeistert und feierte die Musiker mit vielen Bravos.

Nach der Pause wurde, passend zum Thema des Abends, die „Sinfonie Nr. 2 D-Dur Op. 73“ von Johannes Brahms gespielt. Brahms Schaffen war ebenfalls durch Beethovens Einfluss stark  geprägt. Für die Komposition seiner 1. Sinfonie benötigte er nicht weniger als 14 Jahre! Erst mit seiner 2. Sinfonie gelang ihm die Befreiung aus Beethovens musikalischer Aura und mündete in einen wahren Schaffensrausch. An diesem Konzertabend erlebte man eine Wiedergabe dieses beliebten Werkes auf sehr hohem Niveau.

Man kann dem Neuen Orchester zu diesem außergewöhnlichen Konzert nur gratulieren und sich auf weitere Konzerte in der kommenden Saison freuen.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Neues Orchester Basel
  • Titelfoto: Neues Orchester Basel/Konzert 14.5.23/Foto ©Ingo_Hoehn

 

 

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