Der Wunsch Musiker zu werden war schon immer in ihm vorhanden. Ursprünglich sollte es das Klavier sein, das er als sein Instrument gewählt hatte. Doch im Laufe der Zeit und weil es Umstände so wollten, wurde es die Geige. Ein Instrument, von dem Oleguer Beltran Pallarés sagt, dass es mit demjenigen, der es spielt, irgendwie zusammenwächst. Und dann bilden im Idealfall Geiger und Geige eine künstlerische Einheit. Seit 2013 ist der gebürtige Katalane Mitglied der Dortmunder Philharmoniker. DAS OPERNMAGAZIN traf ihn kurz vor Weihnachten im Foyer des Opernhauses Dortmund zu einem Gespräch über seine bisherige Karriere und Ausblicke auf das, was noch für den jungen Musiker kommen soll
I. Schule – Politik – Musik
Oleguer Beltran Pallarés wurde 1984 in Prat de Comte (Provinz Tarragona in der spanischen autonomen Region Katalonien) geboren. Er studierte in seinem Heimatland an der Musikschule Cambrils, am Konservatorium Vila-Seca, an der Escola Superior de Música de Catalunya und später dann an der UDK (Universität der Künste) in Berlin bei Prof. Axel Gerhardt und dem Artemis Quartett. Seine Ausbildung wird später durch den starken Einfluss von musikalischer Persönlichkeiten wie Antje Weithaas oder Ferenc Rados ergänzt.
Als Student trat er verschiedenen Orchestern bei und arbeitete mit renommierten Meistern zusammen, darunter die Camerata XXI, das Jove
Orquestra Nacional de Catalunya, das Joven Orquesta Nacional de España, das European Union Youth Orchestra (Sir Colin Davis, Sir Vladimir Ashkenazy, Andrey Boreyko) und dem Gustav Mahler Jugendorchester (Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Antonio Pappano, David Afkham). Für zwei Spielzeiten war er Konzertmeister des Joven Orquesta Nacional de España (Spanisches Jugendorchester). Von 2009 bis 2013 war er Stimmführer der 2. Violinen des Gulbenkian Orchesters (Lawrence Foster) in Lissabon.
In seiner Orchesterkarriere trat er neben Solisten wie Leonidas Kavakos, Janine Jansen, Matthias Goerne, Christian Gerharher, Barbara Hannigan, Albrecht Mayer oder Mikhail Petrenko auf, und in Räumen wie der Royal Albert Hall in London, dem Wiener Musikverein, dem Concertgebouw Amsterdam, dem Teatro alla Scala in Mailand, National Center von Beijing Performing Arts, unter vielen anderen.
Ein besonderes Anliegen ist ihm die Kammermusik, mit der er bereits viele Erfahrungen machen konnte, vor allem in den letzten Jahren als
Gründungsmitglied des Dalia Quartet und des Natalia Ensemble.
Für einen knapp 34-jährigen Musiker bereits eine beachtliche künstlerische Vita, die der Violinist der Dortmunder Philharmoniker vorweisen kann.Und dabei war es in seinen ganz jungen Jahren nicht unbedingt vorherbestimmt, dass aus dem Schüler Oleguer, der damals noch Erfinder werden wollte, später ein international tätiger Solist und Orchestermusiker wurde. Die Liebe zur Musik war bei ihm schon lange vorhanden. Von Haus aus zwar nicht vorbelastet, die Eltern sind beide keine Musiker, orientierte er sich aber an seinen musizierenden Geschwistern. Ursprünglich wollte er Pianist werden, das Klavierspielen erlernen, aber Umstände brachte ihn dann zu seinem jetzigen Instrument. Der Geige.
Während seiner regulären Schulzeit besuchte er auch eine Musikschule, die nach dem spanischen Bildungssystem bereits ab dem Grundschulalter besucht werden kann. Nach seinem Abitur entschloss sich er sich aber zunächst dafür ein Studium der Politikwissenschaften an der Universität von Barcelona zu beginnen. Hinzu kam, dass er zu dieser Zeit an muskulären Probleme in den Armen litt, die ihm das musizieren deutlich erschwerten. Der Wunsch aber professioneller Musiker zu werden war stärker und so schlug Oleguer Beltran Pallarés dann den beruflichen und künstlerischen Weg ein, der ihm eigentlich vorgegeben war.
II. „Oper macht süchtig!“
Wir sprachen natürlich auch über Politik, da es nicht unbedingt zu erwarten war, einem Musiker gegenüber zu sitzen, dessen ursprüngliches Berufsziel mal das eines Politikwissenschaftlers war. „Wir sind doch alle politische Menschen“, erklärte er mir seine Motivation, und sagte weiter: „In der heutigen Zeit ist es wichtig nicht wegzusehen, sondern vielmehr, aktiv beteiligt zu sein und gesellschaftliche Themen und Probleme gemeinsam anzugehen.“ Sicher eine Ansicht, die der junge Katalane ausspricht, die für viele Menschen nachvollziehbare Gültigkeit besitzt. Und natürlich spielt auch die jüngste politische Situation in seiner Heimat für den Musiker und international erfahrenen Mann eine bedeutsame Rolle.
Und überhaupt sagt er in unserem knapp 2-stündigen Gespräch so einige zitierfähige Sätze, auch abseits der allgegenwärtigen politischen Lage dieser Welt. So antwortet er auf die Frage, wie er zur Oper steht, mit einem Satz, den sicher viele Leser-/Innen des OPERNMAGAZINs unterstreichen können: „Oper macht süchtig!“ Natürlich sind es die Werke Mozarts, aber auch und besonders Richard Wagner und Richard Strauss hebt er hervor, da diese Komponisten für ihn besonders „lautmalerische“ musikalische Bühnenwerke erschaffen haben. Nachgefragt, wie es dann mit Komponisten im Bereich der Konzertmusik aussieht, erwähnt er hier Bartok, Haydn und Mahler. Und immer wieder erwähnt er die ihm wichtige und ans Herz gewachsene Kammermusik.
Als Instrumentalmusiker der Dortmunder Philharmoniker hat er sicher die meisten Auftritte eher ungesehen vom Publikum, im Orchestergraben im Opernhaus des städtischen Theaters. Nur bei den Konzerten ist das Orchester für die Zuschauer sichtbar. Bis zur Eröffnung des Dortmunder Konzerthauses an der Brückstrasse im Jahre 2002 fanden die Philharmonische Konzerte traditionell einmal im Monat jeweils an einem Montag und dem darauf folgenden Dienstag im Opernhaus an der Kuhstrasse statt. Das Konzerthaus aber mit seiner ausgezeichneten Akustik und Bauweise ist geradezu prädestiniert, die Dortmunder Philharmonischen Konzerte auszutragen.
Pallarés berichtet im Gespräch davon, dass er die dortigen Auftritte vor großem Publikum geniesst – „Applaus ist schön!“ – aber auch davon, dass er vor jedem seiner Auftritte Lampenfieber verspürt. Und mit diesem Gefühl der motivierenden Anspannung vor einem Konzert ist er ganz sicher nicht allein auf dem Podium. Auch, wenn er bereits über vielfältige Erfahrungen verfügt.
In seiner bisherigen Musikerlaufbahn hat er bereits, wie erwähnt, in großen und weltbekannten Hallen und Häusern gespielt und gastiert. „Die Zeit ist immer viel zu knapp für diese Häuser“, sagt er und erwähnt, dass ihm besonders das Amsterdamer Concertgebouw mit seinem – wie er sagt – „unglaublichen Klang“ in besonderer Erinnerung ist.
III. Der Geiger und seine Geige
Und natürlich sprachen wir auch über sein musikalisches „Werkzeug“, die Geige. Für ihn stellt die Geige eine Art von Medium, ähnlich einem Transmitter, dar, welches Musik übermittelt und Kompositionen erst zum Klingen bringt. Da unterscheidet Oleguer Beltran Pallarés die Geige von keinem anderen Musikinstrument. Aber mit Blick auf die Geige sagt er auch: „Die Resonanz der Geige ist etwas ganz besonderes“. Und sehr anschaulich beschreibt er, wie es sich anfühlt, ein neues Instrument zu erwerben. „Geige und Geiger wachsen mit der Zeit zu einer Einheit zusammen.“ Sicher mag das auf die anderen Instrumente auch zutreffen, aber irgendwie erscheint es auch für den Laien im Falle von Geige und Geiger sehr vorstellbar. Denn die mitunter vermittelte und spürbare Innigkeit und Verbundenheit gerade dieser Musiker und ihres Instrumentes haben schon etwas ganz besonderes, ja nahezu emotionales.
Im 34. Lebensjahr sind natürlich Fragen nach beruflichen Ausblicken und Zielen legitim, aber oftmals doch noch nicht gefestigt, da vieles noch im Fluss ist. Aber gefragt, was er sich für seine musikalische Zukunft vorstellen kann, sagt Pallarés, dass er sich vorstellen könnte, für sich eine Form zu finden aus der Verbindung von Orchestermusiker, Kammermusik und Lehrer.
Oleguer Beltran Pallarés, der seit 2013 in Dortmund lebt und festes Mitglied eines der renommiertesten Orchester des Landes ist, den Dortmunder Philharmonikern, wirkt sehr in sich ruhend, sehr überlegt, aber auch durchaus zielbewusst in dem, was er sagt und wie er über vieles denkt. Und das weit über die Musik hinaus. Aber die Musik ist es, die ihm wichtig ist, die ihm so viele Möglichkeiten bietet und, da bin ich mir fast sicher, die ihn noch lange und an vielen Orten dieser Welt beschäftigen wird. Aber zunächst, und das noch hoffentlich lang, in seiner Wahlheimat Dortmund. Dort wird er in der kommenden Zeit auch wieder vielfältige künstlerische Aufgaben, sowohl im Opern- als auch im Konzerthaus der Stadt Dortmund, für sich zu meistern haben.
DAS OPERNMAGAZIN dankt Oleguer Beltran Pallarés für ein persönliches und sympathisches Gespräch und freut sich, mit ihm seinen Leserinnen und Lesern einen weiteren Orchestermusiker vorstellen zu dürfen. Diese Reihe wird ganz sicher fortgeführt.
- Detlef Obens- © DAS OPERNMAGAZIN 01/2019
- Weitere Informationen über die Dortmunder Philharmoniker unter DIESEM LINK
- Titelfoto: Oleguer Beltran Pallarés / Foto @ Jan-Philipp Behr
Ein Gedanke zu „Der Violinist Oleguer Beltran Pallarés im Portrait“