Passionstheater Oberammergau /Der fliegende Holländer/Pressefoto

Passionstheater Oberammergau: Richard Wagner’s „DER FLIEGENDE HOLLÄNDER“ – ein flirrendes Gesamtkunstwerk

Christian Stückl / Foto @ Gabriela Neeb
Christian Stückl / Foto @ Gabriela Neeb

Flirrendes Gesamtkunstwerk

Der Oberammergauer „Holländer“ überrascht mit musikalischer Präzision und einer fast überwältigenden Klangfülle.  (Kritik v. Dr. Daniela Egert)

Christian Stückl, der Intendant des Münchner Volkstheaters, scheint ein Faible zu haben für betont dramatische Stücke. Der mit Kulturpreisen überhäufte Regisseur brachte mit „Nabucco“ 2015 zum ersten Mal eine Oper auf die Oberammergauer Bühne. Bis 2020 wieder – wie alle zehn Jahre – die Passionsgeschichte Besitz ergreifen wird von dem kleinen, feinen Ort in den Alpen, offeriert Stückl alljährlich eine gelungene Melange aus einheimischen Laiensängern und -schauspielern sowie professionellen Schauspielern. Dazu zelebriert das für den „Holländer“ engagierte Studentenorchester der Münchener Philharmoniker eine Ode an die musikalische Freude: Ein satter Klangteppich durchwebt das vorne offene Schauspielhaus, auf dem der lebensmüde Seemann schlussendlich in den Hafen der Ewigkeit rudern darf.

Rettung durch die selbstlose Liebe einer Frau

Passionstheater Oberammergau /Der fliegende Holländer/Pressefoto/Motiv
Passionstheater Oberammergau /Der fliegende Holländer/Pressefoto/Motiv

Turmhohe Wellen schlägt das raffiniert-einfache Bühnenbild, vor und in dem Stefan Hageneier den Hauptdarsteller von Richard Wagners 1841 vollendeter Oper in See stechen lässt. Wagners Holländer ist dazu verflucht, immerdar die Weltmeere zu durchkreuzen. Und auf diesem unaufhaltsamen Weg so lange Furcht und Schrecken zu verbreiten, bis sich eine Frau dazu bereit erklärt, diesen Haudegen auf immer zu lieben. Dummerweise erhält der Holländer auch diese Gelegenheit nur alle sieben Jahre, und so sinkt seine Hoffnung auf Erlösung bis auf den Grund des Meers, das er befährt: „Die Frist ist um – und abermals verstrichen sind sieben Jahr. Voll Überdruss wirft mich das Meer an Land“, klagt der wider Willen Unsterbliche. Bei diesem Landgang trifft er auf Kapitän Daland, dessen Schiff soeben in einen schweren Sturm geraten ist. Der Kapitän sucht mit seiner Mannschaft Zuflucht in einer Bucht, wo ihn der Holländer antrifft. Geblendet vom reichen Gold, das ihm der Fremde vor Augen hält, verspricht Daland ihm die Hand seiner Tochter Senta. Obwohl die junge Frau bereits mit Erik verlobt ist, rührt sie das Schicksal des Holländers. Mutig stürzt sie sich in die Wogen und beide sind im Tod vereint.

Eine Meisterleistung des Laien-Chors

Gábor Bretz, dem Oberammergauer „Holländer“, nimmt man gerne ab, dass er den Kampf mit den Elementen nicht scheut. Wie einen riesigen Keil rammt der Budapester Bass-Solist und siebenfache Vater seinen Körper zwischen die 180 Mitwirkenden des Chors – angesichts deren Perfektion man kaum glauben mag, dass es sich dabei durchwegs um Laiensänger handelt. „Good job!“ muss man an dieser Stelle den Einheimischen Markus Zwink loben, der seine zwitschernde, jubelnde, raunende Truppe monatelang zu dieser Leistung angespornt hat. Dazwischen brillierte die lettische Sopranistin Liene Kinca etwa bei der Ballade der Senta, in welcher sie in bewegten Worten vom Schicksal des verfluchten Seemanns erzählt. Kinca gelingt es scheinbar mühelos, die anspruchsvollsten Passagen in Wagners Partitur zu meistern. Kein Wunder, dass sie 2011 und 2013 in ihrer Heimat jeweils zur besten Sängerin des Landes gewählt wurde. Auch dem dänischen Tenor David Danholt nimmt man ab, dass er für seine Verlobte Senta wahre Leidenschaft empfindet. Flankiert werden beide von Guido Jentjens, dem Bassbariton und Daland dieser Aufführung.

Langanhaltender Applaus und stehende Ovationen

Ainars Rubikis/ Passionstheater Oberammergau "Passionsspiele 2010" (c) Arno Declair
Ainars Rubikis/ Passionstheater Oberammergau „Passionsspiele 2010“ (c) Arno Declair

Auch was die Regie betrifft, gibt es hier wenig zu meckern: In seiner Inszenierung gelingt es dem sympathischen Christian Stückl, das Tempo und die Leidenschaft immer weiter voranzutreiben: Bis das Festspielhaus zu einem einzigen, wogenden (Noten-)Meer geworden ist, in dem sich das Publikum selig und hingerissen mittreiben lässt. Ein gelungener „Holländer“, wozu die farblich bestens aufeinander abgepassten Kostüme sowie Ainars Rubikis als Dirigent der Münchener Philharmoniker den letzten Schliff geben. Das Publikum dankte es den Mitwirkenden mit stehenden Ovationen, welche Stückl hoffentlich den Mut geben werden, sich bald an die nächste Oper in Oberammergau heranzuwagen.

 

  • Herzlichen Dank an Dr. Daniela Egert (freie Journalistin) für diesen Gastbeitrag – besuchte Vorstellung 2.7.17
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