Mythos Maria Callas -La Divina- die ewige Stimme

CD Maria Calllas new, Foto by Opernmagazin
CD Maria Calllas new, Foto @ Opernmagazin*

Kaum eine andere weibliche Opernstimme als die der Maria Callas zieht die Menschen, immer noch, viele Jahre nach ihrem Tod, in den Bann. Die einen vergöttern sie als La Divina, die anderen hassen sie. Dazwischen geht fast nichts bei dieser Frau, die mal als  Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou am 2. Dezember 1923 in New York geboren wurde. Am 16. September 2012 jährte sich ihr Todestag zum 35. Mal.

 

Viele hörten diese einmalige Sopranstimme vielleicht zum ersten Male im Kino. Im zurecht Oscar-preisgekrönten Hollywood-Aids-Drama Philadelphia gibt es einen emotionalen Höhepunkt dieses Filmklassikers, der musikalisch unterlegt ist mit einer Arie aus der Oper  Andrea Chenier, gesungen von Maria Callas. Sie singt die Arie der Maddalena, „la mamma morta„.

Damals im Kino sah ich während dieser Sequenz viele Besucher weinen, und ich muss sagen, diese Szene ist wirklich traurig-schön. Beim Verlassen des  Kino hörte ich manche, meist jüngere Kinobesucher fragen: „Wer hat das gesungen? Wer war das?“ Sie wussten nicht, das sie gerade der größten Sopranistin des 20. Jahrhunderts zugehört hatten. Sie waren ergriffen von dieser einmaligen Stimme.

Maria Callas gehörte in ihrer aktiven Sängerinnenlaufbahn dem internationalen Jet-Set an, sie war eine weltberühmte Person, ein Mega-Promi. Ihre Affäre mit dem griechischen Milliardär Aristoteles Onassis ging um die Welt. Ihre Wutausbrüche waren legendär. Sie war ein absoluter Profi mit den höchsten Ansprüchen auch an sich selbst. Mangelhaft vorbereitete Kollegen/-Innen fürchteten ihren Zorn. So mancher Dirigent und Opernregisseur wurde durch sie zur Weißglut getrieben. Kurzum, sie war das , was man eine launische Diva nannte.

Aber alles das ist nicht Gegenstand meines Artikels über Maria Callas. Denn mit diesen Attributen allein wäre sie nicht unsterblich geworden. Sie war zuerst, und darauf legte sie auch schon zu Lebzeiten Wert, eine hochprofessionelle Künstlerin. Und sie hinterließ ein musikalisches Vermächtnis für die Nachwelt, welches noch heute die Opernfans in aller Welt begeistert und berührt. Ihre Schallplatten und CD’s verkaufen sich immer noch millionenfach.

Publicity photo of Maria Callas(December 2, 1923 – September 16, 1977) as Violetta in La Traviata by Houston Rogers
Publicity photo of Maria Callas(December 2, 1923 – September 16, 1977) as Violetta in La Traviata by Houston Rogers

Und das hat seinen Grund. Es fängt schon damit an, ihre Stimme zu beschreiben. Sie verfügte über einen Stimmumfang von drei Oktaven. Vom „a“ bis hinauf zum „es“. Sie sang Rollen des gesamten Sopranfachs ebenso wie für sie passende Mezzopartien. Allerdings hatte sie nur wenige Jahre, man spricht von knapp 10 guten Jahren, in der ihre Stimme dieses Volumen und diese Strahlkraft aufwies. Aber in diesen Jahren,  hat sie ihre besten Auftritte und Schallplatteneinspielungen gehabt. Ihre Stimme wird oft als kehlig beschrieben, als teilweise rauh und kratzend klingend, aber doch immer als eine unverkennbare.

Und sie setzte Maßstäbe mit ihrer Stimme. Und darüber will ich schreiben. Aus meiner Sicht und sicher nicht allgemein gültig, aber vielleicht für ganz viele, die diese Stimme lieben. Ich wähle dazu ein paar ausgewählte Mitschnitte der Callas, die vielleicht dem Opern-und Callas-Neuling diese Stimme näher bringen und ihm die Begeisterung der Millionen Callas-Fans weltweit ein wenig erklären helfen. Die Aufnahmen stammen zumeist aus den Jahren 1949 bis 1964.

Bis heute ist die 1954 eingespielte Arie „Casta Diva“ aus der Oper Norma von Bellini eine Sternstunde der Callas, an der sich alle derzeitigen und künftigen Normas dieser Welt messen lassen müssen. Eigentlich kaum erreichbar, da die Schönheit dieser-Callas- Interpretation nahezu zeitlos ist. Es war auch einer ihrer Verdienste, gewisse Schätze der Opernliteratur ausgegraben zu haben, zu denen sicher auch die Oper Norma gehörte. Allerdings musste auch erst mit ihr die passende Sängerin für diese schweren Rollen des Sopranfachs geboren werden. Ein weiteres Glanzlicht ist ihre Darstellung der Lucia in Donizettis Oper Lucia di Lammermoor. Ihre gesangliche Interpretation, nicht nur der Wahnsinnszene, der Lucia „spargi d’amaro pianti“ zählt auch heute noch, nach über 50 Jahren der Aufnahme, zum Besten was es diesbezüglich gibt.

Die tragischen Partien waren es, die ihr gefielen und mit denen sie zu Lebzeiten Triumphe auf den größten Opernbühnen der Welt feiern konnte. So zählte auch Puccinis tragische Heldin Tosca zu einer ihrer bahnbrechenden Rollen. In einem Livemitschnitt aus dem Londoner Covent Garden, unter den Augen der Queen, gab sie 1964 eine Darstellung dieser Opernpartie, die an Intensität und Musikalität bis dato einmalig war. Zwar hatte sie bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr alle Töne sauber im Griff, aber die Gesamtheit ihrer Interpretation war sensationell. Zwei Jahre zuvor gab sie in Hamburg einen Arienabend, an dem sie unter anderem die Habanera der Carmen, aus Bizets gleichnamiger Oper sang. Ihre 1964 eingespielte Gesamtaufnahme bewies, dass sie stimmlich eigentlich die perfekte Carmen war. Leider hat sie diese Rolle nie auf der Bühne gesungen. Eine weitere Glanzrolle war die der Gioconda aus der Oper La Gioconda von Amilcare Ponchielli. Am Ende dieser dramatischen Oper singt sie die Arie „Suicidio„. Eine für mich bis heute von keiner Sängerin mehr erreichte Interpretation dieser Arie. Ein Stück edelste Kunst für alle Zeiten. Der Mitschnitt  (Ende der 1950-er Jahre)von einer Aufführung aus der weltberühmten Mailänder Scala belegt besonders ausdrucksstark, was bei der Callas mit dem Ausdruck „Grabesstimme“  gemeint war.

Ein weiterer Höhepunkt: Das Finale von Donizettis „Anna Bolena“ „COPPIA INIQUA, L’ESTREMA VENDETTA“ Die, Schlussarie, aufgenommen 1957, zeigt ihr übergroßes Talent für gerade diese Art von Rollen.

Das deutsche Fach mied sie, aufgrund der Sprache. Und doch konnte sie auch da Maßstäbe setzen. Ihre in italienischer Sprache gesungene Isolde aus Wagners Tristan und Isolde, offenbart, das sie durchaus und jederzeit in Bayreuth diese Rolle hätte singen können. 1949 sang Maria Callas erstmals Isoldes Liebestod auf italienisch.

Maria Callas/Image Wikipedia/Urheber Smarythgot
Maria Callas/Image Wikipedia/Urheber Smarythgot

Aber sie war nun mal am besten, wenn sie in der Oper sterben durfte – oder andere sterben lies – und das vornehmlich im italienischen Fach. Die Dramatik einer Rolle transportierte sie über ihre Stimme unverkennbar auf die Schallplatte und somit auch auf die heutigen CD’s. So auch in Arrigo Boitos Oper Mefistofele, 1959 in London mit der grandios gesungenen Arie „L’altra notte“. Und auch die Verkörperung ihrer Violetta in Verdis La Traviata gehört ebenso, wie ihre 1962 in Hamburg live gesungenes Rondo Finale aus der Oper La Cenerentola von Rossini (mal eine heiteres Werk!) zum Besten und Feinsten was jemals auf Tonträgern festgehalten wurde.

Die Stimme der Callas hat ihren Glanz und Zauber bis heute nicht verloren, dank der vielen Ton-und Filmdokumente, die es weltweit gibt. Fast jedes Jahr bringt ihre einstige Plattenfirma EMA eine Sonderedition heraus, ihre Portraits sind mittlerweile als Kunstdrucke erhältlich und Bücher über die Callas verkaufen sich immer noch bestens.

La Divina lebt weiter.

Detlef Obens)

*Link-Quellen: alle Videos öffentlich abrufbar auf www.youtube.com

*CD-Tipp: The New Sound of Maria Callas (2016)

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert