Mailänder Scala/ IL PIRATA/Foto @ Josef Fromholzer-DAS OPERNMAGAZIN

Gehen Sie in die Oper! – Einfach mal tun!

Klischees drücken Stempel auf. Sie halten sich oft beharrlich, wider besseren Wissens, und bleiben doch oft die Nahrung aus denen sich so manches Vorurteil speist. Aufklärung und Wahrheit mögen Klischees nicht, sie würden dann in sich zusammenfallen. Wir kennen das aus vielen Bereichen des Lebens, des Miteinanders, der Politik, – und – , um die soll es gehen, der Kultur. Ein besonders klischeebeladenes Kulturgut stellt immer noch die Oper dar. Zu Unrecht. Und dennoch kleben viele Vorurteile weiter an ihr fest.

 

Opernfans müssen nicht überzeugt werden. Sie sind es längst. Bei vielen gab es ein Schlüsselerlebnis. Sei es in der Familie, wo die Liebe und Begeisterung zur Oper gelebt und weitergegeben wurde, oder ein erster Besuch in einem Opernhaus, der initial den inneren Funken zum zünden brachte. Oder auch nur das Hören von allseits bekannten „Hits“ der Opernmusik in Filmen oder in Werbung, die neugierig macht. Wie auch immer. Die Opernmusik ist allgegenwärtig. Wer sie hören will findet einen großen Markt dafür.

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Opernhaus Dortmund/Saal/ Foto @ Theater Dortmund

Das sinnliche Erlebnis „Oper“ in seiner Ganzheit aber findet nur in Theatern statt. Denn dort kommt alles zusammen. Die Gesangsstimmen, die Orchestermusiker, das visuelle Erleben einer Inszenierung. Im wünschenswerten Idealfall die bestmögliche Umsetzung des vom Komponisten geschaffenen Werkes für das Publikum. All dies ist neben dem großen zeitlichen Vorbereitungsaufwand auch einem erheblichen Kostendruck für die Theater unterworfen. In Zeiten unsinniger kulturpolitischer Sparmaßnahmen umso mehr. Und doch erwartet das zahlende Publikum Qualität und ist sich damit eins mit den Künstlern einer Opernaufführung, die diesen Anspruch allabendlich an sich selbst stellen. Der Zuschauer erhält viel für sein Eintrittsgeld, womit ich zu einem noch immer oft vorherrschenden Klischee komme.

 

„Oper ist steif, teuer, elitär und ich hab eh nichts anzuziehen!“

All das mag vor Zeiten mal gegolten haben. Aber so wie sich die Zeiten und das allgemeine Leben verändert haben, Anschauungen und Blickwinkel sich im steten Wandel befinden, so ist auch die Oper nicht stehengeblieben in ihrem eigenen Anspruch und hat sich in vielerlei Aspekten stetig weiter entwickelt und gewandelt. Das inszenatorische Kleid des jeweiligen Werkes weist heutzutage oftmals aktuelle Bezüge auf, richtet Augenmerk auf sinnvoll sozialpolitisches, manchmal auch Unnötiges und manchmal Nötiges, und ist geschneidert vom beengten Korsett bis hin zum luftig-bequemen Mantel. Je nach Ansicht und Anschauung der Regie. Allein die Musik des Komponisten blieb und bleibt wie in Stein gemeißelt. Und das ist auch gut so! Denn die Partitur und der Gesang sind in der Oper das Maß aller Dinge.

Während man vor einigen Jahren vielfach noch Smoking, schwarze Anzüge und Abendkleider im Publikum der kommunalen Opernhäuser sichten konnte, ist es heutzutage auch normal in Jeans Verdi, Mozart, Wagner und Co. die Aufwartung zu machen. Jede(r) so wie er/sie will. Die inoffizielle Kleiderordnung für Opernbesuche ist an den berühmten Nagel gehangen worden und bleibt auch dort. Man/Frau kleidet sich nach seinem eigenen Geschmack und Empfinden. Leger oder elegant, beides ist heutzutage anzutreffen und ist auch völlig normal. Ausnahmen bilden da wohl die renommierten Opernfestspiele oder auch noch teilweise die großen international bekannten Opernhäuser. Aber auch da ist ein Umdenken und Anpassen der „Etikette“ spürbar.

Staatsoper Unter den Linden/ Saalansicht/ Foto © Gordon Welters

Eine sehr erfreuliche Beobachtung in den letzten Jahren ist, dass immer mehr junge Menschen die Oper besuchen und sich dafür begeistern. Viele Opernhäuser bieten hier besondere Tarife an,  – wie u.a. die Jugend-und Schüler/Studententarife,  die von den Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen gern angenommen werden und für verhältnismäßig wenig Geld den Opernbesuch möglich machen -. Diese Entwicklung, das Ansprechen und Heranführen der jüngeren Generationen auf und an die Kunstform Oper, ist weiterhin sehr zu unterstützen. Nicht nur, dass sie die Theaterbesucher von Morgen darstellen, sondern auch in dem, dass sie in ihrem eigenen Bekannten- und Freundeskreis den Vorbehalten anderer gegenüber der Oper aus eigener Überzeugung argumentativ entgegenwirken können.

Das ein Opernbesuch teuer sei ist relativ. Immer vorausgesetzt, dass grundsätzliche Interesse ist vorhanden, kann diesem Einwand widersprochen werden. Beispielsweise zahlt man im Theater Dortmund für eine Eintrittskarte zwischen ca. 20 und 50 Euro (an bestimmten Terminen noch darunter!). Im Theater Münster, im Musiktheater Gelsenkirchen oder im Aalto Theater Essen, um nur einige mehr zu nennen, ist die genannte Preisspanne im ähnlichen Bereich. Zudem bieten viele kommunale Theater spezielle Ermäßigungen an, über die auf den jeweiligen Homepages informiert wird. (Premierenpreise liegen stets höher). Der Wunsch nach einem Opernbesuch sollte also nicht am Geld scheitern. Vergleicht man beispielsweise einen Kinobesuch (inclusive der obligatorischen Popcorn und Cola) ist festzustellen, dass ein Opernticket kaum teurer ist.

Auch im Hinblick darauf, dass die Oper im Laufe der Zeit immer mehr von jüngeren Generationen besucht wird, kann nicht unbedingt davon gesprochen werden, dass es sich hier um „elitäres Publikum“ handelt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Opernfans setzen sich aus allen Schichten und Altersgruppen zusammen. Der Altersmix ist allerdings keine neue Sache. Die heute älteren Opernbesucher waren schließlich die jungen Besucher von Gestern. Alle aber eint die Begeisterung für das Genre. Und überhaupt: was kann daran elitär sein, große emotionale Momente der Oper mitzuempfinden? Die geniale Arie der Königin der Nacht, das sehnsuchtsvolle, aber vergebliche Sehnen der Cio-Cio-San aus Madama Butterfly, wenn sie singt „Un bel di vedremo!“ , das Klagen des König Philipp „Ella giammai m“amo“ in Don Carlos, die Schicksale der Mimi und der Violetta in La Boheme und La Traviata. Aber auch die Wucht, Genialität und fast psychologisch-analytisch zu nennende Kompositionskunst der großen Meister Richard Wagner und Richard Strauß gehören ebenso gleichrangig zu den wunderbaren Schätzen der Oper. Es gäbe noch vieles weitere hier anzuführen. Die Oper hält da ein großes und übervolles Füllhorn bereit.

 

Staatsoper Hamburg/Innenraum/Foto @ Niklas Marc Heinecke

„Ja, die Oper lebt – und wie!!!“

Nein, die Oper ist nicht elitär. Sie verbindet die Menschen, sie ist oft dramatisch, mal heiter, sie spricht die Sinne an, sie erzeugt mitunter Gänsehaut und klingt lange in den Köpfen der Opernbesucher nach. Sie vermag die Menschen für einige Stunden dem Alltag zu entrücken, sie ist einfach beste Unterhaltung. Sie ist ein Angebot für alle, die hören, sehen und empfinden wollen.

Hervorragende künstlerische Qualität findet beinahe täglich während der Spielzeit für jeden Interessierten in mittelbarer oder unmittelbarer Nähe statt. Das Opernangebot in weiten Teilen Deutschlands, Österreich und der Schweiz, ist beachtlich. Es wahrzunehmen ist eine Chance etwas Einmaliges zu erleben. Ein Live-Erlebnis das sich jeder mal gönnen sollte. Die Faszination Oper kennenlernen und ihr im besten Falle zu erliegen. Und nicht nur das verbindet das Publikum auch mit den vielen Künstlerinnen und Künstlern, die uns mit ihrem Können und Talent die Oper präsentieren. Jede gekaufte Eintrittskarte, und das gilt besonders auch für die vielen Mehr-Sparten-Häuser, die neben der Oper auch das Schauspiel, das Ballett und die Philharmonischen Konzerte anbieten, ist zudem eine sinnvolle Investition in das Kulturangebot vor Ort.

Einfach die Klischees beiseite lassen und reingehen. Das Angebot ist groß! Für den ersten Besuch einer Oper ist zu empfehlen, sich vorher kundig zu machen oder sich beraten zu lassen. Damit der erste Eindruck auch positiv und prägend ist und dem Beginn einer Opernfreundschaft dann nichts mehr im Wege steht.

Es einfach mal tun.

Spricht doch eigentlich jetzt nichts mehr dagegen, oder?

 

  • Artikel von Detlef Obens – DAS OPERNMAGAZIN
  • Titelfoto: Scala di Milan0/@ Josef Fromholzer
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2 Gedanken zu „Gehen Sie in die Oper! – Einfach mal tun!&8220;

  1. Ein sehr schöner Artikel, sachlich und kompetent geschrieben, der mich überzeugen würde, wäre das noch nötig.
    Wer noch ander Geldsache knappert, der möge überlegen, dass ein Musicalbesuch weitaus teurer ist. Zumindest in den extra zu diesem Zwecke erbauten Theatern. Deren Preise beginnen, wo sie in kleineren Opernhäusern aufhören. Haben Sie einen Opernfreund in Ihrer Bekanntschaft und sind einem Versuch nicht abgeneigt, so wünschen Sie sich doch einfach Mal eine Karte. Sie können ja darum bitten entweder in eine traditionelle, oder einer der eher, wie oben berichtet, kritischen Inszenierungen gehen zu wollen, auch Komponist(enstil), – musikalisch, wie thematisch – lassen sich ihren anderen Interessen gemäß auswählen. Oper ist so vielseitig!! Und glauben Sie mir :Sie machen dem Schenkenden eine große Freude!!
    Was die Kleidung betrifft, war es schon in den späten 70iger Jahren ein Irrtum zu denken mal käme in Jeans nicht in ein ehren wertes Opernhaus. Ja man fiel auf, wie heutzutage manche Dame in bodenlanger Robe, aber: Na und?
    Ja, dieser Artikel, zeigt wirklich ganz deutlich, dass „Das Opernmagazin“, für Freude an der Musik und den Künstlern steht, der Sache an sich. Dass es durch Berichte und Artikel in die Oper locken will, anstatt, mit, zwar gut recherchierten, doch dann auch wortwörtlich benutzten Funden aus Wikipedia und Co, und, die Künstler schmähenden Metaphern zu blenden und die eigenen Rezensionen, wie auch das eigene Ego aufzublähen und so das falsche Bild, Oper wäre nur was für „Könner“ und „Kenner“ aufrechtzuerhalten und so die Scheu, jener, die vielleicht ein Mal einen Versuch wagen wollen, schüren.
    Wirklich, ich kann die Aufforderung , meines Kollegen hier nur wiederholen, zitieren:
    „Es einfach mal tun.“!

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