Staatsoper Unter den Linden/MACBETH/ Anna Netrebko (Lady Macbeth)/ Foto-Credits: Bernd Uhlig

Eine grelle Schwärze: Harry Kupfer inszeniert „MACBETH“ an der Staatsoper Unter den Linden, 17.06.2018

DANIEL BARENBOIM IN DER STAATSOPER UNTER DEN LINDEN/ Foto @ Christian Mang
DANIEL BARENBOIM IN DER STAATSOPER UNTER DEN LINDEN/ Foto @ Christian Mang

Schwarze Hallen, schwarze Landschaften, schwarze Uniformen, dazu ein grelles, weißes Licht und ein dezenter, mehrmals sich verändernder Bühnenvideohintergrund, dominieren die Optik (Bühnenbild: Hans Schavernoch) der Macbeth-Neuinszenierung von Harry Kupfer an der Berliner Staatsoper. Harry Kupfer, wie man ihn kennt! 

 

Auch die vielen Ledermäntel, natürlich. Manche nennen das 90er-Jahre, zeitlos passt jedoch besser. Es ist ein sehr dunkler Macbeth – tote Soldaten (in undefinierbaren Uniformen) liegen auf der Bühne gleich zu Beginn, wenn die Hexen auftreten. Auf den Videobildern steigt ein nicht enden wollender schwarzer Rauch auf. Das sind gewaltige Bilder, alles zusammengenommen. Später werden noch dunkelrote Lavaströme und Gewitterlandschaften dazu kommen. An diese Düsternis bei Verdis Macbeth muss man sich erst gewöhnen, wenn man als Zuschauer noch die rot-leuchtende, lichtdurchflutete Vorgängerinszenierung dieser Oper, von Peter Mussbach und Erich Wonder, im Kopf hat (von 2000 bis 2015 an der Staatsoper). Hier hätte deshalb jeder Regisseur einen schweren Stand gehabt, denn Mussbach und sein Bühnenbildner Erich Wonder haben im Herbst 2000 einen Macbeth auf die Bühne Unter den Linden gebracht, der eigentlich nicht zu toppen ist (so wie es bei den Verfilmungen diejenige von Orson Welles ist) – ganz egal, was noch kommt. Aber heute sind die Besucher wegen Placido Domingo und Anna Netrebko gekommen. Eine Besetzung, die Geld (stark erhöhte Eintrittspreise!) in die Kasse des Opernhauses bringt. Schon lange ausverkauft.

Staatsoper Unter den Linden/MACBETH/ Plácido Domingo (Macbeth), Anna Netrebko (Lady Macbeth) / Foto-Credits: Bernd Uhlig
Staatsoper Unter den Linden/MACBETH/ Plácido Domingo (Macbeth), Anna Netrebko (Lady Macbeth) / Foto-Credits: Bernd Uhlig

Nicht eine grelle Schwärze, aber eine leuchtend-warme Dunkelheit liegt in der Stimme der „Lady“ Anna Netrebkos. Mühelos, fast wie im Vorbeigehen, singt sie ihre Arien – gleich von Beginn an. Sie ist die Chefin im Hause Macbeth, das ist zu jeder Zeit zu sehen. Der schwarze Hosenanzug läßt sie „tougher“ erscheinen als den Macbeth von Placido Domingo mit seiner, mit zahlreichen Orden behängten, Phantasieuniform (die eher an das Reich eines kleinen Operrettenfürsten erinnert). Aber was für Stimmen ! Der 77-jährige Plácido Domingo – der Tenor Domingo (!) – singt kraftvoller als 2015 im Schillertheater in Berlin (als er die Rolle in der Mussbach-Inszenierung sang).

Der italienische Tenor Fabio Sartori (MacDuff) könnte es mit seiner Stimme sogar mit den gesamten „Metallica“ aufnehmen. Es ist teilweise sehr laut an diesem Abend – die Staatskapelle Berlin eben. Eine brachiale Lautstärke kommt aus dem Graben. Am Ende stirbt der erdolchte Macbeth in der weißen Couchgarnitur in der rechten Bühnenecke (dadurch nun endgültig zum Operettenfürsten geworden). Dass unmittelbar nach Macbeth` Tod bereits der Kampf um seine Nachfolge beginnt, hatte Peter Mussbach 2000 noch inszeniert. Harry Kupfer hat dies nicht getan. Darum konnte man am Ende der Aufführung meinen, es würde noch etwas kommen. Das war nicht der Fall.

Staatsoper Unter den Linden/MACBETH/ Anna Netrebko (Lady Macbeth)/ Foto-Credits: Bernd Uhlig
Staatsoper Unter den Linden/MACBETH/ Anna Netrebko (Lady Macbeth)/ Foto-Credits: Bernd Uhlig

Großer Jubel für alle Beteiligten am Ende, auch für das Regieteam; Harry Kupfer freut sich beim Schlussapplaus sichtlich darüber. Der Applaus wäre noch viel länger gegangen, hätten die Beteiligten nicht noch hinaus auf dem Bebelplatz gemusst, wohin diese Aufführung live übertragen wurde. Mehrere tausend Besucher sahen sie bei bestem Sommerwetter vor dem Opernhaus. Ein Teil der Linden war dafür gesperrt. „Staatsoper für alle“. MACBETH für alle.

 

 

 

Gastkritik von Josef Fromholzer – 19.6.2018

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