Katerina Tretyakova Foto @ Kartal Karagedik

Die Sopranistin Katerina Tretyakova im Gespräch mit dem Opernmagazin

Katerina Tretyakova / Foto @ Kartal Karagedik Photography
Katerina Tretyakova / Foto @ Kartal Karagedik Photography

Wenn jemand vor Rührung und Ergriffenheit weint, habe ich es richtig gemacht“


Die Sopranistin Katerina Tretyakova, mit der ich mich heute für „Das Opernmagazin“ zu einem Gespräch treffe, ist im wahrsten Sinne des Wortes, eine ausgezeichnete Sängerin. Zu den gewonnen Preisen gehören einige gewonnene Gesangswettbewerbe, wie der Dr. Wilhelm Oberdörffer-Preis und der Sieg beim Fransisco Vinas Wettbewerb in Barcelona 2013.


Bereits im zarten Alter von fünfzehn Jahren entschied sich Katerina Tretyakova, gfür ein Dirigierstudium am Konservatorium in Vilnus. Nachdem sie dieses im Jahr 2000 mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, folgte das Gesangsstudium, das sie in Vilnius begann und am Mozarteum in Salzburg 2007 abschloss.


Mit Beginn der Spielzeit 2008/09 wurde sie dann Mitglied des „Internationalen Opernstudios Hamburg“
Ab 2011 gehörte sie dann fest zum Ensemble der Staatsoper wo sie als Adina in Donizettis „Liebestrank“ und Adel in „Die Fledermaus“ brillierte, mit weiteren Rollen das Publikum für sich einnahm und dessen Zuneigung und Bewunderung letztlich endgültig gewann. Nämlich als sie mit gesanglich eindrucksvoller Leichtigkeit und tief berührend spielend im Oktober 2014 als „Violetta“ in Verdis „La Traviata“ debütierte. Zuletzt dann begeisterte als kokette Susanna in Mozarts „Die Hochzeit des Figaros“. Ihrer Hamburger Abschieds-Rolle. Denn noch während der vergangenen Spielzeit 2015/16 verließ, die hochgeschätzte Sopranistin -neben ihrem Tenorkollegen Dovlet Nurgeldiyev, der Publikumsliebling schlechthin, die „Hamburgische Staatsoper“, wechselte vom festen Engagement in die Freiberuflichkeit. Sie hinterließ eine Lücke und tiefes Bedauern beim hiesigen Publikum. Im Mai war sie zurück in der Hansestadt. Wenn auch nur für vier Vorstellungen einer ihrer Paraderollen, der „Lucia“ in Donizettis Oper „Lucia die Lammermoor“..

Zwischen den Vorstellungen fand sie auch ein wenig Zeit für dieses Gespräch.

 

Opernmagazin (OM): Frau Tretyakova. Schön, Sie wiederzusehen.
Katerina Tretyakova (KT): Es ist auch schön, wieder hier zu sein! (lächelt)

OM: Hier eine kleine Spontan-Frage zu Beginn, zum Aufwärmen, sozusagen. Was ist Ihnen lieber Tragödie, Liebe und Wahn oder       Komödie?
KT: (sofort): Tragödie, Liebe und Wahn. Oder, nein. Im Leben Komödie und auf der Bühne Liebe, und Wahn.
OM: Auf diese Antwort, hatte ich gehofft, denn sie gibt mir die Gelegenheit zu einer kleinen Anekdote zu Ihrer „Violetta“in Verdis „Traviata“ hier in Hamburg vor zwei Jahren. Dovlet Nurgeldiyev sang den „Alfredo“ und Gezim Myshketa den „Germont“. Es war eine jener Vorstellungen, die von Anfang an gefangen nehmen. Bei Ihrem „É tardi“ im dritten Akt, flossen mir dann endgültig die Augen über. Mein Sitznachbar reichte mir ein Tempotaschentuch und als ich mich bedanken wollte, merkte ich, dass auch er weint. Wir mussten beide schmunzeln und dann sagte er: “Sie macht das aber auch zu schön!
KT: Wirklich? Das ist schön! (lacht) Das ist schön, denn das möchte ich, dass die Leute heulen. Wenn jemand vor Rührung und Ergriffenheit weint, dann hab ich es richtig gemacht. Mir ist es selbst einmal passiert, dass ich so sehr berührt war, dass ich weinen musste.
OM: Oh, es ist sicher nicht leicht jemanden, der die Rolle so gut kennt, so zu beeindrucken.
KT: Nein, wirklich nicht, aber Aylin Perez hat es so wunderschön gemacht. Es war hier in Hamburg. Sie war es übrigens auch, die dem Regisseur überzeugen konnte, dass wir bei „È strano“, dieser schwierigen Arie, nicht über de Drehscheibe rennen können. Er hat es eingesehen und so kam es zu einem Kompromiss.

 

Staatsoper Hamburg /Lucia di Lammermoor/ mit Katerina Tretyakova / Foto @ Jörn Kipping
Staatsoper Hamburg /Lucia di Lammermoor/ mit Katerina Tretyakova / Foto @ Jörn Kipping

OM: Da sind wir dann bei meiner nächsten Frage. Denn die Inszenierung von Johannes Erath, gehört schon zu denen, die es schwierig machen, vorbehaltlos zu genießen. Das viele Gehen, während die Scheibe sich dreht, die Autoscooter und vieles andere …
KT: Ja, ich finde einiges interessant, doch ich denke, es ist … (überlegt kurz), Ja, einiges ist vielleicht nicht so leicht lesbar für das Publikum.
OM: Ja, aber wie ist es für Sie als Sängerin, wie gehen Sie mit schwierigen Inszenierungen um?
KT: Für mich ist es wichtig, dass in der Inszenierung der Respekt, ja, die Hochachtung vor Musik und Geschichte erhalten bleiben. Ich arbeite gerne mit Regisseuren zusammen, die schon bei der ersten Probe deutlich machen können, was sie wollen. Das erleichtert für mich auch das notwendige Eingehen von Kompromissen.
OM: Dennoch, wird nicht heutzutage, neben perfekten Gesang, auch vieles verlangt, dass sich fast kontraproduktiv auf das Singen auswirkt?
KT: Wir Sänger wollen offen sein und uns nicht verkrampft an alte, vielleicht langweilige, Inszenierungen klammern. Und ich habe mich so an Regietheater gewöhnt, dass ich einfach alles tue mein Bestes zu geben, um dem Publikum das Stück gesanglich und darstellerisch auf jeden Fall nahe zu bringen, Es ist halt manchmal schwierig, denn hier in Hamburg war mein Problem, dass ich die meisten Rollen von anderen übernahm. Oft hatte ich nur fünf Tage zum Erarbeiten und konnte nicht wirklich etwas dazu sagen.
OM: Das ist natürlich schade, besonders, da Sie zu den Sängern gehören, denen nicht nur das musikalische Rollenstudium, die Persönlichkeit der Figur, die Sie spielen, so wichtig ist.
KT: Ja, darum war es auch so schön in „Figaros Hochzeit“ in der Premieren-Serie zu spielen und von Anfang an, die Rolle der Susanna einzustudieren. Die Inszenierung von Stefan Herheim ist wundervoll, hat uns alle große Freude gemacht. Er ist einer der Regisseure der wirklich weiß, was er will und dies wunderbar vermitteln kann. Das macht die Zusammenarbeit sehr inspirierend. Und der Figaro ist einfach fantastisch, sehr musikalisch und witzig.
OM: Mozart war ja auch nicht nur das Wunderkind, sondern auch frech, wie man an seinen Briefen an seine Frau sieht oder auch dem Kanon „Bona Nox!
KT: Genau und Stefan hat Persönlichkeit, Musik und Geschichte einfach wunderbar umgesetzt, so macht das Arbeiten Spaß und das Publikum hat auch Genuss.
OM: Dann hier meine zweite Spontanfrage: Unverständliches Regietheater oder doch lieber konzertant?
KT: Ist es wirklich unverständlich, Stück, Musik, Publikum und vielleicht sogar uns Sängern gegenüber respektlos ist, und könnte ich wirklich wählen, dann konzertant.
OM: Nun sind Sie wieder in Hamburg, wieder in einer eher schwer „lesbaren“ Inszenierung und wieder in sehr berührenden Rolle, nämlich der „Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti.

Katerina Tretyakova und Ramon Vargas in "Lucia di Lammermoor" /Staatsoper Hamburg/ Foto privat
Katerina Tretyakova und Ramon Vargas in „Lucia di Lammermoor“ /Staatsoper Hamburg/ Foto privat

KT: Ja, ich bin stolz, freue mich sehr, dass ich hier die komplette Fassung singen kann, die nicht überall gezeigt wird. Das macht mir große Freude, auch wenn es wirklich große Konzentration kostet, gerade während ich die schwierigsten Koloraturen in der Wahnsinnsszene singe, die Hochzeitstorte anzuschneiden. Eine Idee, die ich übrigens sehr gut finde. Es zeigt, wie verrückt sie ist, wenn sie mit dem blutigen Messer, mit dem sie gerade ihren Mann tötete, Kuchen schneidet und verteilt und denkt, sie feiere ganz fröhlich mit Edgardo, den sie liebt. Es ist nur schade, dass die Technik nicht erlaubt, dass die Torte zentraler steht, das würde alles noch intensiver machen.
OM: Ja, Ihre Leistung diese Szene gesanglich wie darstellerisch zu meistern ist wirklich sehr beeindruckend, dass es mühelos wirkt, weiß auch jeder, dass es das nicht ist. Für mich als, wenn auch sehr opernerfahrener Laie, stellt sich aber auch die Frage, ob es schwer ist, in verhältnismäßig kurzer Zeit und wenig Probenzeit mit zwei verschiedenen Partnern die selbe Rolle zu singen?
KT: Sie meinen, weil ich mit Ramon Vargas, wie auch Atala Ayan, singe?
OM: Genau. Der eine, Vargas, sehr bekannt, sehr erfahren. Der andere, Ayan, noch sehr jung und Debütant hier am Hause.
KT: Für professionelle Sänger, die, die Partie schon an anderen Häusern gesungen haben, sollte dies kein Problem sein. Allerdings freue ich mich in diesem Fall sehr, ja ich bin so glücklich, dass bei der kurzen Probenzeit schwierige Dinge, wie unser Aufsteigen auf die Plastikpalme im Liebesduett, gestrichen wurde. Lucia holt die Palme immer noch, um es sich und ihrem geliebten Edgardo „romantisch“ zu machen. Aber wir stehen jetzt, aus Sicherheitsgründen davor.

 

OM: In früheren Aufführungsserien reizte, diese Szene stets einen, – wenn auch sehr kleinen -, Teil des Publikums zum Lachen.
KT: Ja, das war befremdlich für mich, dass da, wo die Menschen dahin schmelzen, von einigen gelacht wurde. Die Idee, dieses Traum von erfüllter Liebe, optisch zu zeigen, ist sicher gut, aber hier fehlt es vielleicht wieder deutlicher Lesbarkeit. Dieses Mal hört das Publikum, bei dieser schönen Musik, der schönsten in diesem Teil, zum ersten Mal wirklich hin. Das finde ich schön.
OM: Um auf meine Ausgangsfrage zurückzukommen …
KT: Gerne. Ich bin eine unkomplizierte und einfühlsame Partnerin, kann oft erspüren, was der Partner braucht, um sich wohlzufühlen. So stelle ich mich, wenn ich gerade nicht singe, nie so hin, dass der Partner nach hinten singen muss. Es ist kein Problem für mich, zum Beispiel einen Sänger der einspringt, zu unterstützen, es ihm zu erleichtern.
OM: Das, Frau Tretyakova, ist eine Gabe, die einem jungen Kollegen, wie Atala Ayan sicher hilft, der in dieser Serie sein Hausdebüt gab.
KT: Er hat seine Sache prima gemacht. Er hat eine schöne Stimme, ist dazu sehr sympathisch und es war wirklich angenehmes Arbeiten mit ihm. Er kam auch sehr gut beim Publikum an,
OM: Den Eindruck hatte ich auch, ebenso wie bei Ramon Vargas.
KT: Vargas hat eine unheimlich schöne Stimme und eine „Hammertechnik“. Ich hatte wirklich viel Freude mit beiden Partnern und freue mich, über diese schöne Lucia-Serie hier in Hamburg und über die Begeisterung des Publikums

 

Katerina Tretyakova Foto @ Kartal Karagedik
Katerina Tretyakova Foto @ Kartal Karagedik

OM: Vielleicht passt meine nächste Spontanfrage an dieser Stelle nicht wirklich, trotzdem stelle ich sie: Wenn Sie mit überheblichen Partnern singen, wie gehen Sie damit um: Leichtnehmen oder ärgern?
KT: (leicht schmunzelnd) Augen zu und durch!
OM: Eine Einstellung, die Gelassenheit zeigt und die sicher in so mancher Lebenslage vieles erleichtert. Ich könnte mir vorstellen, es macht auch manchmal den Spagat zwischen Muttersein und als freischaffende Künstlern zu arbeiten, leichter.
KT: Ich habe gerne im Ensemble gearbeitet, doch wenn ich jetzt freie Zeit habe bin allein ich die Göttin meiner Zeit.
OM: (schmunzelnd) Wirklich?
KT: Ja … Achso! Nein, eigentlich ist meine Tochter die Göttin meiner Zeit!
OM: Das meinte ich. (wir lachen beide)
KT: Meine Valeria ist jetzt (Anm. des Verfassers: zur Zeit des Gespräches) neun Monate alt, ich habe eine „24-Stunden-Nanny“ und dann auch das große Glück, das meine Mutter sich sehr oft um sie kümmert. Das ist wirklich ein Segen für Valeria, Ricardo (Ricardo Estrada ist Pianist und Dirigent) und mich. Aber ich genieße jede Minute die wir zusammen haben.
OM: Das glaube ich gern. Ich habe nun doch noch eine Frage zum Muttersein. Viele Ihrer Kolleginnen sagen, nach der Geburt des ersten Kindes hätte sich die Stimme verändert, empfinden Sie das ähnlich?
KT: Mir haben viele Menschen gesagt, dass meine Stimme nach der Geburt von Valeria, voller, runder klingt. Und ich merke selbst, dass ich mich inzwischen nicht nur in den hohen Tonlagen, sondern auch in der Mittellage wohl und zuhause fühle, bequemer aber als ich schwanger war, da hatte ich wirklich eine „Knallstimme“ und dachte dann „Boah,das ist jetzt richtig für Mimi!
OM: Das ist jetzt, wirklich nicht geheuchelt, doch während ich mich vorbereitete, dachte ich daran, Sie zu fragen, ob Sie nicht auch ein Mal, Rollen wie die Mimi aus Puccinis „La Boheme“ zu singen. Wie schön, dass es dazu Überlegungen gibt!
KT: Also, da ist noch nichts in Planung und ich würde es – wenn!- auch eher an irgend einem kleineren Haus singen, nicht hier in Hamburg, mit seiner bekanntermaßen schwierigen Akustik. Aber alle sagen oder fragen – auch Montserrat Caballé oder Ramon Vargas-: „Hast du Mimi schon gesungen?“ „Du musst Mimi singen!“ Aber im Moment möchte ich doch noch in meinem Fach bleiben.

Katerina Tretyakova, Iulia Maria Dan in Le Nozze di Figaro / Staatsoper Hamburg/ Foto @ Karl Forster
Katerina Tretyakova, Iulia Maria Dan in Le Nozze di Figaro / Staatsoper Hamburg/ Foto @ Karl Forster

OM: Das ist verständlich. Aber um noch ein Mal auf die Staatsoper Hamburg zurückkommen, Sie sagten an anderer Stelle, dass Sie sich gegen das Opernstudio München und für Hamburg entschieden hätten, da Sie viel Gutes gehört hätten.
KT: Ja, das stimmt und ich habe es auch nie bereut. Zu meiner Zeit, – wie es heute ist, weiß ich nicht-, war das Opernstudio Hamburg die beste Brücke zum professionellen Leben. Denn ich stand von Anfang an immer auf der Bühne auch mit großen Sängern. Schon in meiner Zeit im Opernstudio habe ich mittlere Partien bekommen und als ich dann ins Ensemble übernommen wurde, alle großen Partien, die ich mir wünschte. Darum bin ich auch länger in Hamburg geblieben.
OM: In der nächsten Saison konnte ich Sie leider nicht auf dem Spielplan hier entdecken.
KT: Es gibt noch nichts Konkretes das ich sagen kann, doch nach dem großen Erfolg von Lucia, hoffe ich sehr, dass ich in meine Heimat – meine künstlerische Heimat – zurückkehren kann. Hierher, wo auch das Ensemble schon immer viel Zusammenhalt hatte.
OM: Welche Voraussetzungen müssten da gegeben sein?
KT: (schmunzelt) Vielleicht wenn ich für jemanden einspringen kann. Nein, also wenn sich etwas für mich ergibt, komme ich gerne. Aber ich konzentriere mich jetzt natürlich auf die großen Partien.
OM: Dass Sie dies können, ist sicherlich die positive Seite daran, nicht mehr zu einem Ensemble zu gehören, sicherlich auch ein Grund sich für die Freiberuflichkeit zu entscheiden
KT: Kleinere Partien möchte ich nur noch annehmen, wenn es nichts anderes für mich gibt, oder ich als Einspringerin Kontakt zu einem neuen Theater aufnehmen möchte. Nur in solchen Fällen möchte ich Ausnahmen machen. Wie zum Beispiel vom 7. bis 29. Okto- ber, wo ich am Liceu in Barcelona den Oscar in Verdis Maskenball singe. Aber ich fühlte mich schon immer in den großen Partien wohler. Denn die kleineren Rollen bieten mir zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten. Ja, der Wunsch größere und möglichst nur größere Rollen zu singen, war ein Grund für mich freischaffend zu werden.
OM: Dann erübrigt sich meine nächste Spontanfrage eigentlich: Würden Sie wieder in ein Ensemble zurückkehren?
KT: (schmunzelt geheimnisvoll. Was sicher als ein „Nein“ zu interpretieren ist.)
OM: Wir haben ja nun ausführlich die Verständlichkeit, oder wie Sie es , für mich wirklich passend nennen, „Lesbarkeit“ von Inszenierungen gesprochen. Wie ist es da mit der „Lesbarkeit“ von Dirigenten, denn Sie haben ja ein Dirigierstudium absolviert?
KT: Wie meinen Sie das?
OM: Ich meine, ist es manchmal so, dass es Ihnen in den Fingern juckt oder Sie sagen möchten, dass sie mit einem Tempo, einer Interpretation, nicht einverstanden sind?
KT: Nun ja, ich erkenne schon die Arbeitsqualität eines Dirigenten und möchte mich äußern. Aber wie Sie schon sagten, es ist alles Interpretationssache. Und, auch wenn mir mein Studium, sicher bei meinen sängerischen Fertigkeiten geholfen hat, man muss sie auch immer wieder üben, um sie zu erhalten. Außerdem habe ich das Glück, meistens mit wirklich fähigen, oder  (sie lächelt) wie sie und ich es in diesem Gespräch nennen, “gut lesbaren“ Dirigenten, zu arbeiten.
OM: Also keine Diskussionen über Tempi oder Lautstärke und Ähnliches?
KT: Lautstärke ist ein Thema für sich. Und ja, wir Künstler sind zwar nette und verständliche Menschen, aber im Grunde unserer Herzen auch alle Egozentriker, doch letztendlich ist der Dirigent der Chef. Und gute Dirigenten sind trotz allen uns Sängern gegenüber flexibel und merken, wenn wir an Tempo oder Lautstärke leiden

 

Katerina Tretyakova / Foto @Kartal Karagedik Photography
Katerina Tretyakova / Foto @Kartal Karagedik Photography

OM: „Leiden“, ein Wort, dass mich- wenn auch sehr subtil, auf das Thema Medien bringt.
KT: Ja, die Medien machen uns oft zu Göttern und schüren die Erwartungen der Zuschauer und wünschen uns in die Hölle, wenn wir diese Erwartungen nicht erfüllen. Aber wir sind ganz normale Menschen. Wir haben unsere Besonderheiten, die einigen gefallen und anderen nicht. So wie der eine „Aperol Spritz“ liebt und der andere Bier.
OM: Ja, so sehe ich es auch, vieles ist Geschmackssache.
KT: Eben. Es bleibt jedem überlassen, einen Sänger, (sie zögert einen Moment) zu „strafen“ indem man seine Vorstellungen nicht mehr besucht. Aber ich bitte um Hochachtung vor dem, was auf der Bühne geleistet wird. Ich freue mich natürlich, wenn ich positive Kritiken bekomme. Und kritische überdenke ich.
OM: Es mag ja nicht sehr professionell wirken, aber wissen Sie, ich habe schon Kritiken gelesen über Vorstellungen, in denen ich auch war und fragte mich dann, ob dieser Kollege, denn nicht gemerkt hat, dass der Sänger den er da gerade verriss, krank war. Ja, manch- mal zweifle ich dann sogar, ob der Betreffende überhaupt in der Vorstellung war.
KT: Gedacht habe ich ähnliches auch schon , doch wir sind halt alle nur Menschen. Und ich kann nicht mehr als mein Bestes auf der Bühne geben und hoffen, dass es gefällt.

OM: Dann wünsche ich Ihnen nun weiterhin viel Erfolg wo immer auf der Welt Sie in Zukunft singen werden.
KT: Als nächstes singe ich im Juli und im die Susanna in Mozarts „Die Hochzeit des Figaros“ beim Festival de Verano in Madrid. Im Herbst folgen dann die Regina aus Hindemith „Mathis der Maler“ in Bukarest und eben der Oscar im „Maskenball“ am Liceu.
OM: Das klingt auf jeden Fall interessant.Ach, da fällt mir noch eine letzte Spontanfrage ein: Welches Debüt wäre Ihnen wichtiger: Metropolitan Opera oder La Scala? Und noch eine allerletzte: Ist das Glas Ihres Lebens eher halb voll oder halb leer?
KT: Metropolitan Opera! Und es ist halbvoll!

OM: Möge dies bald in Erfüllung gehen und das Glas ihres Lebens nie an Inhalt und Freude verlieren. Herzlichen Dank für dieses Gespräch und dafür, dass Sie mir meinen heutigen Einstieg als Interviewerin wirklich sehr angenehm gemacht haben! Tschüß, und hoffentlich auf bald hier in Hamburg in der Staatsoper.

KT: Vielen Dank auch Ihnen! Tschüß!

  • Weitere Informationen und Termine über die Künstlerin unter DIESEM LINK
  • Titelfoto: Katerina Tretyakova Foto @ Kartal Karagedik
  • Das Interview für DAS OPERNMAGAZIN führte Birgit Kleinfeld
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Ein Gedanke zu „Die Sopranistin Katerina Tretyakova im Gespräch mit dem Opernmagazin

  1. Wollte gern sofort meine Anna / Piotr-MET-DVD (2009) mit einem Aufnahme des Produktion der Lucia di Lammermoor mit dem Produktion der Katerina / Ramón in SOH Mai 2017 ersetzen.
    Katarina war die Herrscherin !!! – Vielleicht Beste Lucia alle Zeiten ???
    Ein wunderschöner Abend … jetzt nur noch vergangenen 🙁

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